„Hetzjagd mit Hunden“
Frontex: Misshandlung von Flüchtlingen gebilligt?
Schwere Vorwürfe gegen die EU-Grenzschutzbehörde Frontex: Interne Dokumente sollen belegen, dass die Agentur Gewalt und Misshandlungen an Flüchtlingen toleriert haben soll. Die Vorwürfe beziehen sich demnach unter anderem auf Grenzschutzpersonal in Bulgarien, Ungarn und Griechenland. So sei beispielsweise von „Hetzjagden mit Hunden“ oder „Attacken mit Pfefferspray“ die Rede.
Die schweren Vorwürfe lassen sich nach Angaben des ARD-Politmagazin „report München“ durch Hunderte interne Frontex-Dokumente belegen, die das Politmagazin gemeinsam mit dem britischen „Guardian“ und dem Recherchezentrum „Correctiv“ ausgewertet hat. Demnach verschließe Frontex die Augen vor exzessiver Gewalt, die an Europas Grenzen von nationalen Grenzbeamten verübt wird. Frontex dulde Menschenrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen.
Verstöße gegen Menschenrechte
Als EU-Agentur habe Frontex die Möglichkeit, als Reaktion auf diese Menschenrechtsverstöße die eigenen Mitarbeiter aus den Einsätzen in diesen Ländern abzuziehen, berichtet „report München“. Allerdings habe Frontex diese Maßnahme bislang kein einziges Mal umgesetzt. Frontex mache sich dadurch mitschuldig, kritisiert der Leiter des Frontex-Konsultativforums Stephan Kessler in einer Sendung, die am Dienstagabend ausgestrahlt wird.
Flüchtlinge medikamentös ruhiggestellt?
Der Bericht zitiert zudem ein weiteres internes Frontex-Dokument, wonach Beamte der EU-Agentur bei Abschiebeflügen auch selbst an Menschenrechtsverletzungen beteiligt sind. So seien etwa unbegleitete Minderjährige abgeschoben oder Flüchtlinge medikamentös ruhiggestellt worden.
Der vom griechischen Parlament eingesetzte Menschenrechtsbeauftragte Andreas Potakis, der zwischen seiner Regierung und Frontex vermittelt, beklagte gegenüber „report München“, dass „eine EU-Agentur niedrigere Standards zur Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit anwendet als das, was die EU ihren Mitgliedsstaaten vorschreibt“. Die EU verliere so ihre moralische Autorität, sagte Potakis.
Frontex: „EU-Staaten haben mehr Grenzbeamte gemeldet als angestellt“
Erst Anfang Juni kritisierte Frontex-Dirketor Fabrice Leggeri die Länder der Europäischen Union. Diese würden aktuell 5000 Grenzbeamte weniger einsetzen als eigentlich notwendig wären. „Wir haben festgestellt, dass die EU-Staaten insgesamt auf dem Papier 115.000 Grenzbeamte gemeldet haben. Das stimmt so aber nicht“, sagte er gegenüber der „Welt am Sonntag“. Europaweit fehlten 5000 Grenzbeamte. „Das hat mich auch sehr überrascht“, erklärte Leggeri.
Die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache befinde sich deshalb in Gesprächen, warum die Mitgliedsstaaten zu wenige Beamte im Einsatz hätten. Welche Länder zu wenig Personal stellen, erklärte Frontex nicht. Frontex selbst soll bis 2027 schrittweise von derzeit rund 1500 auf bis zu 10.000 Grenzschützer aufgestockt werden. „Wir sind als Frontex gefragt - auch weil wir feststellen müssen, dass es in den EU-Staaten zu wenig Grenzbeamte gibt“, sagte Leggeri.
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