Nach über zehn Jahren Verfahrensdauer ist am Mittwoch am Landesgericht Salzburg ein ehemaliger Gerichtsgutachter vom Vorwurf der falschen Beweisaussage rechtskräftig freigesprochen worden. Ein Richtersenat des Oberlandesgerichts Linz hat heute in der Berufungsverhandlung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil aus dem vergangenen Herbst nicht stattgegeben.
Der angeklagte Psychologe war im September 2018 vom Vorwurf der falschen Beweisaussage freigesprochen worden. Wie die mit dem Fall betraute Richterin damals urteilte, hätte sich die Anschuldigungen weder in subjektiver noch in objektiver Hinsicht nachweisen lassen.
Dem Angeklagten war zur Last gelegt worden, in den Jahren 2005 bis 2008 insgesamt 13 falsche Gutachten und Befunde in Obsorge- und Pflegschaftsverfahren an Bezirksgerichten erstellt zu haben. Dabei ging es etwa um Besuchsregelungen für Kinder nach der Trennung der Eltern. Der Mann soll in zentralen Teilen seiner Gutachten immer wieder die gleichen Textbausteine verwendet und „willkürlich“ diagnostische Erhebungsverfahren aufgelistet haben.
Ein deutscher Experte hatte in den Gutachten des Psychologen eine Ungleichbehandlung von Kindesvater und Kindesmutter zum Nachteil der Väter geortet und die Expertisen des Angeklagten als „formal und inhaltlich völlig unzureichend“ kritisiert. Der Gutachter habe Routineschemata verwendet und Mindeststandards nicht eingehalten, seine Expertisen seien „formal und inhaltlich völlig unzureichend“ gewesen.
Nach einem Ermittlungsverfahren erhob die Staatsanwaltschaft im Juni 2013 Anklage gegen den Psychologen, im März 2015 startete in Salzburg der Prozess. Das Verfahren ging aber zurück an den Start, nachdem die Richterin ein Unzuständigkeitsurteil fällte. Sie war der Ansicht, dass auch ein Betrug hätte vorliegen können und somit ein Schöffengericht zuständig gewesen wäre. Doch das Oberlandesgericht Linz hob das Unzuständigkeitsurteil später auf.
Im April 2016 kam es zur Neuauflage des Prozesses, das Verfahren wurde aber mehrfach vertagt. Im Februar 2017 stellen mehrere Privatbeteiligte - sie sehen sich als Opfer der Gutachten des Psychologen - einen Ablehnungsantrag gegen die Richterin. Sie warfen der Frau Befangenheit und eine selektive Verfahrensführung zugunsten des Ex-Gutachters vor. Der Antrag wurde jedoch abgelehnt, die Privatbeteiligten ihrerseits aus dem Verfahren ausgeschlossen. Besonders skurril: Ein vom Gericht mit einem Gutachten beauftragter Wiener Psychotherapeut wurde kurz vor der Erörterung seiner Expertise selbst strafrechtlich verurteilt, weil er falsche Drogentests verkauft haben soll.
Das Berufungsgericht folgte am Mittwoch dem Urteil vom vergangenen Herbst und argumentierte, dass der Nachweis der subjektiven Tatseite nicht erbringbar sei. Soll heißen: Man kann dem Gutachter nicht nachweisen, absichtlich falsch entschieden zu haben.
Der angeklagte Psychologe, der bis Ende 2009 als Sachverständiger tätig war, hatte die Anschuldigungen gegen ihn stets zurückgewiesen. Einer der betroffenen Väter zeigte sich am Mittwoch in einer ersten Reaktion enttäuscht. Er habe das Vertrauen in den Rechtsstaat verloren. So sei etwa das ursprüngliche Gutachten des deutschen Experten nicht im Prozess berücksichtigt worden.
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