Direkte Demokratie

FPÖ prescht vor: Wie viel Volkswillen wollen wir?

Österreich
12.08.2019 06:00

Im Wahlkampf hat die FPÖ ein Leibthema wiederentdeckt: die direkte Demokratie. Parteichef Norbert Hofer fordert eine radikalere Form des von Türkis-Blau geplanten Volksabstimmungs-Automatismus. Die anderen Parteien kritisieren ihn - doch Hofer stößt nicht ausschließlich auf taube Ohren.

Selbst wenn ein Volksbegehren (beispielsweise zum Thema Rauchverbot) enormen Zuspruch (beispielsweise 881.569 Unterschriften) erhält, kann dieses unbearbeitet in den Schubladen des Parlaments verschwinden. Das ist eine der Lehren, die man in puncto Mitbestimmung aus der türkis-blauen Ära ziehen konnte.

(Bild: APA)

Erst Koalitionsbedingung, dann nicht behandelt
Dabei wollte die FPÖ das eigentlich immer ändern: Die Einführung einer verbindlichen Volksabstimmung, sofern ein erfolgreiches Volksbegehren nicht umgesetzt wird, war 2017 absolute Koalitionsbedingung. Türkis-Blau paktierte einen solchen Automatismus ab 900.000 Unterschriften letztlich auch - allein: Darüber geredet sollte erst 2022 werden, das Vorhaben wurde ans Ende der To-do-Liste gesetzt und blieb schließlich gänzlich unbehandelt.

Sebastian Kurz (ÖVP) und Norbert Hofer (FPÖ) (Bild: APA/GEORG HOCHMUTH)
Sebastian Kurz (ÖVP) und Norbert Hofer (FPÖ)

Jetzt prescht die FPÖ wieder vor: Parteichef Norbert Hofer will die Grenze für eine verbindliche Volksabstimmung im Falle einer türkis-blauen Neuauflage bei 600.000 Unterschriften ziehen - und zwar „nicht erst gegen Ende der Legislaturperiode, sondern schon in der ersten Phase“.

Die ÖVP, deren Skepsis bei diesem Thema im Koalitionspoker stetig wuchs, schweigt dazu vorerst. Ob es der umstrittene Automatismus, der einen massiven politischen Systemwechsel bedeuten würde, wieder ins türkise Wahlprogramm schafft, ist unklar.

NEOS und Grüne nicht grundsätzlich dagegen
Das Thema sorgt jedenfalls für Wirbel: Die SPÖ kritisiert, dass Hofer sich nur im Wahlkampf für das Thema interessiere, man werde sich deshalb nicht an der „Scheindebatte“ beteiligen. Bisher waren die Roten eher gegen die Reform, die wegen der notwendigen Zweidrittelmehrheit den Segen zumindest einer dritten Partei erfordert.

Der stellvertretende NEOS-Klubobmann Nikolaus Scherak (Bild: APA/HANS PUNZ)
Der stellvertretende NEOS-Klubobmann Nikolaus Scherak

Das gilt allerdings nicht für NEOS und Grüne: Die Pinken etwa wären laut ihrem Vizechef Nikolaus Scherak „gesprächsbereit“ - allerdings wollen sie eine stufenweise Einführung der Regelung und die Ausnahme von sensiblen Bereichen wie Grundrechten. Über all das müsse im Detail verhandelt werden. „Doch bisher“, so Scherak, „hat sich niemand von ÖVP und FPÖ für Gespräche mit uns interessiert.“

Klaus Knittelfelder, Kronen Zeitung

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