„Erstellte nur PDF“

Arbeitete Ex-Neonazi am FPÖ-Historikerbericht mit?

Österreich
12.08.2019 11:20

Die Kritik an dem am Montag vor einer Woche veröffentlichten „Rohbericht“ des Historikerberichtes zur Geschichte und den „braunen Flecken“ der Freiheitlichen Partei reißt nicht ab: SOS Mitmensch will nun Hinweise darauf gefunden haben, dass ein Mitarbeiter mit Neonazi-Vergangenheit, der heute im FPÖ-Parlamentsklub werkt, an der Erstellung und Aufbereitung des Berichts beteiligt war - was die Freiheitlichen auf Anfrage dementierten.

Wie SOS Mitmensch am Montag in einer Aussendung berichtet, sei man vom Datenexperten und Menschenrechtsaktivisten Wolfgang Salm darauf hingewiesen worden, dass sich aus den elektronischen Metadaten des im Internet veröffentlichten Berichtes herauslesen lasse, dass das Dokument von einer Person erstellt wurde, die das Kürzel „erhart“ verwendet.

Der Verdacht liege nahe, dass es sich dabei um Hubert Erhart handelt, der von 1987 bis 1997 der vom mehrfach verurteilten Holocaustleugner und Neonazi Gottfried Küssel gegründeten Volkstreuen Außerparlamentarischen Opposition (VAPO) angehört hat. Für diese soll er damals Mitgliedsbeiträge gesammelt und regelmäßig Wehrsportlager sowie Kameradschaftsabende veranstaltet haben.

Gottfried Küssel bei einer Berufungsverhandlung im Jahr 2014 (Bild: APA/Herbert Pfarrhofer)
Gottfried Küssel bei einer Berufungsverhandlung im Jahr 2014

Konfrontiert mit seiner Vergangenheit, distanzierte sich Erhart, der heute einer der Pressereferenten im FPÖ-Parlamentsklub ist, im Dezember 2017 klar von diesen Aktivitäten. „Ich war einmal dumm und jung“, diese Dinge lägen lange zurück: „Das ist 30 Jahre her“ - und seitdem würden „keine Kontakte“ mehr mit dieser Szene bestehen, erklärte er damals.

FPÖ: „Nur Word-File in PDF umgewandelt“
„Lächerlich, Herr Erhart hat nur das Word-File in ein PDF umgearbeitet“, hieß am Montag auf telefonische Anfrage von krone.at von Seiten der FPÖ. Erhart habe weder am Historikerbericht mitgearbeitet noch etwas mit dessen Erstellung zu tun, versicherte man.

V.l.n.r.: Thomas Grischany, Andreas Mölzer, Christian Hafenecker und Wilhelm Brauneder bei der Präsentation des Berichts der FPÖ-Historikerkommission (Bild: APA/Hans Punz)
V.l.n.r.: Thomas Grischany, Andreas Mölzer, Christian Hafenecker und Wilhelm Brauneder bei der Präsentation des Berichts der FPÖ-Historikerkommission

„Die Vorgangsweise der FPÖ bei der Veröffentlichung ihres Berichts grenzt an Verhöhnung der Öffentlichkeit. Zuerst wird der Präsentationstermin monatelang hinausgeschoben, dann wird ein lückenhafter Mini-Bericht veröffentlicht, der alle Bezüge von FPÖ-Politikern zu Neonazikreisen verheimlicht, und jetzt liegt der Verdacht nahe, dass eine Person mit genau solchen Neonazi-Bezügen an der Erstellung des FPÖ-Berichts beteiligt war“, übte Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch, scharfe Kritik am Vorgehen der Freiheitlichen.

Israelischer Historiker sieht Alibiaktion
Kritisch zum derzeit nur als Kurzzusammenfassung vorliegenden FPÖ-Historikerbericht äußerte sich auch der israelische Historiker Moshe Zimmermann. Er vermisse prominente Historiker aus Deutschland und Österreich unter den Autoren, sagte er dem „Standard“. Die genannten Namen aus Österreich bezeichnete er als „nicht die Leuchttürme der österreichischen Historikerzunft“.

(Bild: Wilhelm Eder)

Skeptisch zeigte er sich zum Wunsch der FPÖ, den Bericht von einem israelischen Wissenschaftler absegnen zu lassen. Geeignete Leute gäbe es. „Ob aber ein seriöser israelischer Historiker überhaupt bereit sein wird, mit einer von der FPÖ eingesetzten Kommission zu arbeiten? Eher unwahrscheinlich.“

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