Jahrzehntelang waren Anthrax-Sporen, das Insektizid DDT und auch Atommüll im Eis eingefroren. Doch durch das rapide Schmelzen der Pole und Gletscher verbreiten sich die Erreger und Gifte ähnlich wie Mikroplastik um die ganze Welt, warnen nun Wissenschaftler.
Wie ein weißes Gespenst war im Sommer 2016 jene Krankheit aus dem ewigen Eis aufgetaucht, die seither in den Mythen und Erzählungen der Inuit als „Sibirische Pest“ gilt. Ehe die Ursache feststand, verendeten 2500 Rentiere an der rätselhaften Krankheit - und auch ein kleiner Bub. Erst durch genaue Laboruntersuchungen kamen die Mediziner der Krankheit auf die Spur.
Schmelzender Permafrost setzt Sporen frei
Es handelte sich um Anthrax-Sporen, die 75 Jahre im Permafrost geschlummert waren, und zwar im Kadaver eines der wilden Herdentiere. Das aber ist laut Wissenschaftlern im wahrsten Sinne des Wortes nur die Spitze eines gewaltigen Eisbergs. Denn laut „Arctic Report“ rechnen sie fix damit, dass das brandgefährliche Virus schon bald „aufgetaut“ werden könnte.
30.000 Jahre altes Virus aufgetaut
Dann drohen der Menschheit wieder Epidemien wie die Spanische Grippe, die zwischen 1918 und 1920 mehr als 50 Millionen Menschen das Leben gekostet hat. Unter anderem starb der Maler Egon Schiele an dem Virus. Doch selbst die Pest oder die Pocken könnten wieder wüten, wie der französische Forscher Jean-Michel Claverie in einem Interview mit der angesehenen BBC jüngst warnte. Mehr noch: Ihm gelang es sogar, ein mehr als 30.000 Jahre altes bisher unbekanntes Riesenvirus (Bild unten) aufzutauen und wiederzubeleben.
Quecksilber gelangt zusehends in Nahrungskette
Aber auch Quecksilber gelangt zusehends in die Nahrungskette der Menschen - und das in gewaltigem Ausmaß. Hauptursache dieses Verseuchungspotenzials: das rapide Abschmelzen der Arktis, die laut „US Geological Survey“ mehr als 1,6 Millionen Tonnen des natürlich vorkommenden Schwermetalls in sich birgt und jetzt sukzessive auftaut. Das wiederum ist die doppelte Menge des in allen anderen Erden, Ozeanen und der Atmosphäre vorkommenden Stoffes.
Zudem erwacht auch immer mehr vor Jahrzehnten eingefrorenes Mikroplastik zum Leben, sprich, die Plastikflut nimmt noch katastrophalere Ausmaße an.
Tauende Eismassen setzt auch DDT frei
Vor einer Gefahr in den heimischen Bergen warnt indes Helmut Belanyecz vom Kuratorium für Fischerei und Gewässerschutz: „Vor allem DDT (die Abkürzung steht für Dichlordiphenyltrichlorethan), das ab den 1940er-Jahren massiv als Insektizid eingesetzt wurde und unter anderem im Verdacht steht, Totgeburten und Alzheimer zu verursachen, steht vor einem Comeback. Denn das global versprühte Gift verteilte sich um die ganze Welt, bis in die entlegensten Regionen - und somit auch auf unseren Gletschern und in den Eispanzern. Durch deren Tauen wird das Teufelszeug mit Sicherheit freigesetzt.“
Mark Perry, Kronen Zeitung
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