Seit mehr als einem Vierteljahrhundert hat es im Bereich des Strafvollzugsgesetzes keine größere Reform gegeben. Ex-Justizminister Josef Moser wollte dem ein Ende setzen und hat bereits vor Monaten begonnen, eine Novelle des Gesetzes auszuarbeiten. Mittlerweile liegt intern ein Entwurf vor - mit diskussionswürdigen Details.
Sicherheit vor Betreuung im Strafvollzug - so stand es im Regierungsprogramm von ÖVP/FPÖ geschrieben. Der Strafvollzug sollte auf neue Beine gestellt werden, vor allem mittels einer Reform des Strafvollzugsgesetzes. Was Ex-Justizminister Moser angefangen hatte, hat nun die Expertenregierung fortgesetzt. Ein 33-seitiger Entwurf dieser Novelle liegt mittlerweile vor und wurde laut „Krone“-Informationen bereits innerhalb des Justizministeriums verbreitet.
Einige dieser Änderungen dürften laut Martin Johann Schöpf, oberster Personalvertreter der Justizwache in Österreich, für regen Diskussionsstoff sorgen: „Nicht jede Änderung ist schlecht. Doch das Ministerium verkauft diesen Entwurf als Sicherheitsnovelle, in Wirklichkeit steht die Betreuung im Fokus. Die Rechte der Insassen und nicht der Beamten werden dadurch erweitert bzw. verstärkt.“
„Damit öffnet man eine weitere Gefahrenquelle“
Schon durchgesickert und in einer parlamentarischen Anfragebeantwortung von Moser im März 2019 bestätigt, ist die Ausdehnung des elektronisch überwachten Hausarrestes auf 24 Monate - ausgenommen davon sind Gewalt- und Sexualdelikte. Und die Vorbereitung der Entscheidung über den elektronisch überwachten Hausarrest soll externen Sozialarbeitern erteilt werden. Rund um die Fußfessel herrscht seit Jahren Aufregung. Ein prominentes Beispiel ist der frühere Sturm-Graz-Präsident Hannes Kartnig, der mit seiner Fußfessel sogar in die Oper ging.
Diese Änderung wird durch weitere ergänzt. So wolle man Insassen, die die Voraussetzungen dafür erfüllen, im gelockerten Vollzug Handys erlauben. „Mit dieser Änderung macht man eine weitere Gefahrenquelle auf. Jeder Insasse kann telefonieren, fotografieren und Bildmaterial weiterleiten“, sagt der Vorsitzende. Auch die Videotelefonie als Vergünstigung für Inhaftierte sei laut Novelle angedacht.
Mehr Kompetenzen für Polizei sind angedacht
Ebenfalls sollen Insassen gemeinnützige Leistungen anstatt einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr erbringen können. „Da kann man natürlich relativ viel anstellen“, schildert Schöpf. Laut Novelle sollen zudem körperliche Durchsuchungen einschließlich Körperhöhlendurchsuchungen auf verwaltungsrechtlichem Weg möglich sein - und zwar bei jedermann, somit auch bei Justizwache-Beamten. „Jeder Beamte darf somit künftig gefilzt werden. Und zwar von den eigenen Kollegen“, sagt Schöpf.
Und auch die Polizei spielt eine Rolle in der Novelle. Man wolle eine gesetzliche Möglichkeit schaffen, um Ausführungen von Inhaftierten durch Polizisten durchführen zu lassen. „Doch nicht die Polizei, sondern die Justizwache-Beamten benötigen endlich mehr polizeiliche Kompetenzen, um den Herausforderungen Herr zu werden“, sagt der oberste Personalvertreter der Justizwache.
Justizministerium: „Novelle befindet sich derzeit in Abstimmung“
Laut Justizministerium befindet sich die Novelle noch in Ausarbeitung. Die „Krone“ hat auch das Ministerium mit den Kritikpunkten rund um die Novelle konfrontiert, die Stellungnahme dazu ist kurz und bündig: „Richtig ist, dass derzeit der Entwurf einer Strafvollzugsnovelle in Vorbereitung ist. Doch die punktuell gezogenen Rückschlüsse sind teilweise unrichtig“, bringt es Britta Tichy-Martin, Leiterin der Stabstelle für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit sowie Sprecherin des Vizekanzlers und Justizministers, auf den Punkt und führt weiter aus: „Die Novelle befindet sich derzeit in Bearbeitung und Abstimmung. Eine endgültige Fassung liegt aus diesem Grund noch nicht vor.“
Daher bitte sie um Verständnis, dass auf einzelne Punkte zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht eingegangen werden kann. „Im Übrigen soll ja gerade das Begutachtungsverfahren dazu dienen, dass umfassend Stellung genommen werden kann“, verdeutlicht Tichy-Martin in der Stellungnahme.
Jasmin Steiner und Peter Grotter, Kronen Zeitung
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