Seit wenigen Tagen buhlt Samsungs neuestes Top-Smartphone um die Gunst der Kundschaft: das Galaxy Note 10, das in gleich zwei Varianten - einer kompakteren und einer technisch stärkeren Plus-Version - auf den Markt gekommen ist. Stolze 1200 Euro will Samsung für das Galaxy Note 10+ in der Top-Ausstattung. Ob es das wert ist? Wir haben uns das Plus-Modell näher angeschaut.
Die zwei wesentlichsten Änderungen gegenüber dem Galaxy S10 (Plus) und dem Vorjahresmodell Galaxy Note 9: Samsung hat den unnötigen Bixby-Button gestrichen, mit dem man mit aller Kraft versuchte, den hauseigenen Siri-Rivalen in den Markt zu drücken. Wer mit Bixby keine Freude hat, wird mit der Abkehr von dem für viele User lästigen Zusatz-Button sehr glücklich sein.
Weniger glücklich macht uns Samsungs Verzicht auf die 3,5-Millimeter-Audioklinke, immerhin waren die Koreaner einer der letzten Hersteller, bei dem man verkabelte Kopfhörer ohne Adapter mit dem Smartphone verbinden konnte. Dass Samsung nicht müde wurde, die Konkurrenz wegen des Verzichts auf den Anschluss zu sekkieren, macht die Sache noch weniger nachvollziehbar.
Was auf technischer Ebene im Galaxy Note 10 (Plus) steckt, sehen Sie hier:
| Galaxy Note 10 | Galaxy Note 10+ |
CPU | Samsung Exynos 9825: 2 x 2,7 + 2 x 2,4 + 4 x 1,9 GHz | Samsung Exynos 9825: 2 x 2,7 + 2 x 2,4 + 4 x 1,9 GHz |
RAM | 8 GB | 12 GB |
Diagonale | 6,3 Zoll (AMOLED, HDR10+) | 6,8 Zoll (AMOLED, HDR10+) |
Auflösung | 2280 x 1080 Pixel | 3040 x 1440 Pixel |
Speicher | 256 GB | 256 - 512 GB |
microSD-Slot | nicht vorhanden | vorhanden |
Hauptkamera | 16 MP (F/2.2) Weitwinkel | 16 MP (F/2.2) Weitwinkel |
Frontkamera | 10 Megapixel (F/2.2) | 10 Megapixel (F/1.9) |
Funk | LTE, WLAN (802.11ax), Bluetooth 5.0, NFC, GPS, Galileo, Glonass, BeiDou | LTE, WLAN (802.11ax), Bluetooth 5.0, NFC, GPS, Galileo, Glonass, BeiDou |
Maße | 71,8 x 151 x 7,9 Millimeter; 168 Gramm | 77,2 x 162,3 x 7,9 Millimeter; 196 Gramm |
Akku | 3500 mAh | 4300 mAh |
Extras | Wasserfest (IP68) | Wasserfest (IP68) |
Software | Android 9 | Android 9 |
Preis | ab ca. 900 Euro | ab ca. 1050 Euro |
Zwölf Gigabyte RAM und der flotte Achtkern-Chip sorgten im Test jederzeit für ein flüssiges Android-Bedienerlebnis - ganz egal, wie viele Anwendungen im Hintergrund liefen. Für die alltägliche Nutzung ist man damit mehr als gerüstet, für viele User wird die gebotene Leistung glatt einen „Overkill“ darstellen. Damit geht auch viel Spiele-Power einher, anspruchsvollere Smartphone-Games à la „Fortnite“ laufen problemlos am Note 10+.
Schickt man das Galaxy Note 10+ zu Vergleichszwecken in den Benchmark-Belastungstest „AnTuTu“, reiht es sich mit einem Ergebnis von rund 348.000 Punkten in die Top-10 der aktuell schnellsten Smartphones ein - am Niveau von Geräten mit Qualcomms Snapdragon 855 und knapp vor den hauseigenen Frühjahresmodellen Galaxy S10 bzw. S10+.
Sehr gut und scharf: Samsung liefert Top-Display
Das Display des Note 10 ist herstellertypisch exzellent. Samsungs HDR-fähiger AMOLED-Bildschirm erfreut mit tollen Kontrasten, intensiven Farben, guter seitlicher Ablesbarkeit und auch für den Außeneinsatz adäquater Maximalhelligkeit. Ein kleines Loch im Bildschirm beherbergt oben mittig die Frontkamera, davon abgesehen überzieht das Display mit seinen sehr schmalen Rändern fast die ganze Note-10-Vorderseite. Das Haar in der Display-Suppe ist eine Designentscheidung: Weil sich das Display über die Gerätekante zieht, die dadurch sehr schmal ausfällt, könnte das Gerät besser in der Hand liegen. Ein kleiner Makel, der durch das lang gezogene Seitenverhältnis und das somit trotz 6,8 Zoll Diagonale angenehm schmale und noch vergleichsweise handliche Gehäuse relativiert wird.
Die Bildschirmauflösung von 3040 mal 1440 Pixel sorgt für eine scharfe Darstellung, wir empfanden sie im Test aber fast ein wenig übertrieben. Der Grund: Das menschliche Auge empfindet Bildschirme ab einer Pixeldichte von 300 dpi als so scharf, dass keine Pixel mehr erkennbar sind. Beim Note 10+ kommt man durch die hohe Auflösung aber auf eine Pixeldichte von fast 500 dpi, was sich im Grunde nur mehr bei der Nutzung als Display in einer Virtual-Reality-Brille bezahlt macht, aber durch die vielen zu berechnenden Bildpunkte zumindest in der Theorie zulasten der Akkulaufzeit geht. Das weiß auch Samsung selbst, weshalb das Display standardmäßig mit reduzierter Auflösung von 2280 mal 1080 Pixeln angesteuert wird.
Exzellente Kamera - bei Fotos und bei Videos
Mit der leicht aus dem Chassis hervorstehenden Kamera spielt das Galaxy Note 10+ ebenfalls in der Königsklasse. Wie mittlerweile bei den meisten High-End-Geräten üblich, setzt Samsung aus ein Gespann aus drei Kameras: Weitwinkel, regulär und Telefoto. Das macht das Note 10+ sehr flexibel. Die Hauptkamera mit ihren 12 Megapixeln Auflösung macht dank variabler Blende sowohl drinnen im Zwielicht (zur Not im Nachtmodus) als auch draußen in der Sonne scharfe, gut ausgeleuchtete und rauscharme Bilder, unserer Einschätzung nach durchaus am Niveau der teils mit höheren Megapixelzahlen ausgestatteten Konkurrenz.
Weitwinkel- und Zoom-Kamera - sie bietet leider nur zweifache Vergrößerung - sind immer dann ein nettes Extra, wenn man näher ans Motiv heran oder einen möglichst großen Bildausschnitt einfangen will, ohne die Position zu wechseln. Im Test knipsten auch die Sekundärkameras drinnen wie draußen solide Fotos - nicht am Niveau der Primärkamera, aber absolut brauchbar. Auch die Frontkamera befriedigt die Selfie-Bedürfnisse problemlos. Besonders hervorzuheben ist die gute Video-Performance des Note 10: Während viele Rivalen in 4K nur 30 Bilder pro Sekunde zustande bringen, schafft das Galaxy Note 10+ flüssige 60 Bilder pro Sekunde - und das bei guter Bildstabilisierung. Hut ab, in puncto Videoaufnahme hatten wir noch kein mächtigeres Smartphone im Testlabor!
Praktischer Eingabestift als wichtigstes Kaufargument
Die große Besonderheit am Galaxy Note ist seit jeher der im Gerät versenkbare Eingabestift mit mehr als 4000 Druckstufen. Mit dem lassen sich gut Notizen ins Gerät kritzeln, Screenshots und Bilder mit Anmerkungen versehen oder Skizzen zusammenbasteln, was freilich auch schon für den Vorgänger galt und dank gut gemachter Begleit-Software auch gut von der Hand geht - wenn man sich denn erst einmal auf das Schreibgefühl auf Glas gewöhnt hat. Gerade im Notizbereich hat Samsung hier noch einmal ein wenig nachgebessert und dem Note 10 eine taugliche OCR-Texterkennung spendiert, die Gekritzel in getippten Text umwandelt. Im Test funktionierte das trotz der Sauklaue des Testers meist ganz gut, bei längeren Umwandlungen mussten wir aber hie und da Korrekturen einpflegen.
Gestensteuerung mehr Gimmick als notwendig
Die neue Gestensteuerung, die Samsung dem Stift des Note 10 spendiert hat, halten wir indes für eine unnötige Spielerei. Nicht nur, weil die Gesten, mit denen man beispielsweise zwischen den Modi der Kamera-App hin- und herschaltet oder an ein Motiv heranzoomen kann, im Test häufig schlicht nicht korrekt erkannt wurden. Sondern auch, weil diese Bedienung komplizierter ist, als die Kamera einfach am Touchscreen einzustellen und es im Alltag vermutlich nur selten Situationen gibt, in der dieses Feature nützlich ist. Einzig, den Stift als Fernauslöser zu verwenden, erscheint uns hie und da praktisch - aber das konnte man auch schon beim Note 9 …
Ausstattung lässt kaum Wünsche offen
Die Ausstattung des Note 10+ lässt - bis auf den fehlenden Kopfhöreranschluss - so gut wie keine Wünsche offen. Das Gerät ist wasserdicht, bietet topaktuelle Funkstandards, schluckt - zumindest in der Plus-Variante - microSD-Speicherkarten und klingt dank Stereo-Lautsprechern für Smartphone-Verhältnisse auch recht gut. Die Verarbeitungsqualität stimmt, über die Auswirkungen der abgerundeten Kanten und der rutschig-gläsernen verspiegelten Rückseite auf Handling und Robustheit sowie den links statt rechts platzierten Entsperrknopf ließe es sich aber streiten. Der ins Display integrierte Fingerscanner hat im Test weitgehend zuverlässig gearbeitet, ist gefühlt aber etwas langsamer als konventionelle Scanner.
Solide Akkulaufzeit - auch bei intensiver Nutzung
Bei der Akkulaufzeit haben wir im Test eine positive Überraschung erlebt: Dass das Note 10+ durch seine sehr hohe Bildschirmauflösung einen entsprechend hohen Stromverbrauch hat, wurde vom 4300 mAh dicken Stromlieferanten gut abgefedert. Auch bei intensiver Nutzung kamen wir gut durch den Tag, viele Nutzer werden bei reduzierter Auflösung und moderater Nutzung durchaus auch zwei Tage herausholen. Schneller leert sich der Akku bei Gamern: Die könnten die Stromreserven des Note 10+ locker auch an einem Tag aufbrauchen. Wer nicht stundenlang darauf dauerspielt, findet im Note 10+ aber einen hinreichend ausdauernden Begleiter.
Software mit vielen Samsung- und Microsoft-Dreingaben
Die Software des Galaxy Note 10+ hat uns im Test ganz gut gefallen. Zwar ist immer noch vieles doppelt gemoppelt: Neben dem Google Play Store gibt es einen Galaxy Store, auch manch anderes Tool ist in einer Samsung- und einer Google-Variante an Bord. Dennoch ist das Interface übersichtlich gestaltet und hübsch anzusehen. Bloatware lässt sich bei der Erstinstallation per Opt-out verhindern, allerdings nicht zur Gänze. Microsoft-Dienste wie LinkedIn werden installiert, ob man will oder nicht.
An der Samsung-eigenen Software - darunter auch Dinge wie Galaxy Wearable, die nun wirklich nicht jeder User braucht - führt zunächst ebenfalls kein Weg vorbei, viele Tools lassen sich aber nachträglich deinstallieren. Nettes Extra: Mit dem „DeX“-Modus kann das Note 10 mit externem Display als PC-Ersatz genutzt werden. Einen potenziellen Nachteil hat das stark angepasste Android 9 in der Samsung-Variante aber: Updates müssen von Samsung erst daran angepasst werden, werden also nicht so schnell beim User ankommen wie etwa bei Android-One-Geräten mit purem Android.
Fazit: Sehr gut, aber auch unvernünftig teuer
Pfeilschnell, Top-Display, exzellente Kamera, praktischer Stift, üppige Ausstattung: Samsung legt mit dem Note 10+ ordentlich vor, muss das angesichts eines Luxuspreises von bis zu 1200 Euro aber auch. Die schärfsten Rivalen kommen aus dem eigenen Haus: Das Note 9 aus dem Vorjahr - bei Markteinführung bis zu 1250 Euro teuer - ist unserer Einschätzung nach technisch kaum schlechter, hat einen Kopfhöreranschluss und wechselt für knapp über 600 Euro den Besitzer. Wer den Eingabestift nicht braucht, steigt mit dem Galaxy S10+ aus Samsungs Frühjahrskollektion technisch nahezu gleichwertig, aber 400 Euro günstiger aus.
Überhaupt muss man angesichts der Wucherpreise, die seit Apples iPhone X branchenweit für Oberklasse-Smartphones verlangt werden und viele ehemalige Oberklasse-Käufer vergrault haben, die Frage stellen, ob eine Investition von bis zu 1200 Euro in ein Smartphone nachhaltig ist. Dafür bekäme man auch das Note 9 und einen zweckmäßigen Laptop obendrauf.
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