AfD-Rekordergebnisse
Landtagswahlen im Osten: Merkels CDU abgewatscht
Die Landtagswahlen in den ostdeutschen Bundesländern Sachsen und Brandenburg haben die nächsten Ohrfeigen für Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihren Regierungspartner SPD gebracht. Die CDU verlor in Sachsen laut erster Hochrechnung 7,3 Prozentpunkte, behauptete aber Platz eins. Noch schlimmer erging es der Union in Brandenburg, wo sie nur noch auf 15,6 Prozent (minus 7,4 Prozentpunkte) kam. Die SPD verlor in Brandenburg 5,7 Prozentpunkte, blieb dort aber klar die Nummer eins. In Sachsen stürzten die Sozialdemokraten allerdings auf das Rekordtief von 7,7 Prozent ab (minus 4,7 Prozentpunkte). Großer Wahlgewinner war die rechte AfD, die mit teils massiven Zugewinnen in beiden Bundesländern auf Platz zwei kam (Brandenburg: +11,3; Sachens: +17,8). Der in den Umfragen zumindest zeitweilig möglich erschienene erstmalige Sieg bei einer Landtagswahl blieb trotz der Rekordergebnisse jedoch aus.
Bei der Landtagswahl in Sachsen erhielten die Christdemokraten dem amtlichen Endergebnis zufolge 32,1 Prozent der Stimmen und blieb trotz großer Verluste stärkste Kraft. Die AfD gewann massiv hinzu und kam auf 27,5 Prozent, die Linken erreichten 10,4, die Grünen 8,6 Prozent. Die SPD stürzte auf historisch schlechte 7,7 Prozent ab, die FDP verpasste den Einzug in den Landtag mit 4,5 Prozent knapp.
Sachsens CDU-Ministerpräsident: „Guter Tag“
Sachsens CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer sprach trotz der massiven Verluste von einem „wirklich guten Tag“ für das Land. „Wir haben es geschafft, das freundliche Sachsen hat gewonnen“, sagte er am Sonntag im Dresden. Es sei der CDU gelungen, gegen eine starke AfD erneut den Regierungsauftrag zu erhalten. Es werde nun „darum gehen, eine stabile Regierung zu stellen“, sagte Kretschmer. Nun werde es Gespräche geben, die aber „nicht von heute auf morgen gehen“ würden.
Die CDU-SPD-Koalition hat in Sachsen aber voraussichtlich keine Mehrheit mehr. Daher könnte es auf eine Kenia-Koalition von CDU, SPD und Grünen hinauslaufen. Theoretisch wäre laut ARD auch ein schwarz-grünes Bündnis denkbar - wegen der verfügten Beschränkung der AfD-Liste auf 30 Sitze.
SPD in Brandenburg vor AfD
Bei der Landtagswahl in Brandenburg wurde die SPD mit 26,2 Prozent stärkste Kraft. Dahinter landete mit massiven Zugewinnen die AfD (23,5 Prozent), wie die ARD-Zahlen zeigten. Die CDU stürzte auf 15,6 Prozent ab.
Brandenburgs SPD-Ministerpräsident: „Stabile Regierung bilden“
Das rot-rote Bündnis in Brandenburg wurde jedoch abgewählt. Ministerpräsident und SPD-Spitzenkandidat Dietmar Woidke reagierte dennoch positiv auf die Ergebnisse. „Mir war es wichtig, dass Brandenburg in guten Händen bleibt“, sagte er in der ARD. Woidke nannte es eine große Herausforderung, nun eine stabile Regierung zu bilden. „Ich bin erstmal froh, dass das Gesicht Brandenburgs auch in Zukunft ein freundliches bleiben wird“, so der Sozialdemokrat weiter. Die SPD könnte voraussichtlich in einer rot-rot-grünen Koalition weiterregieren. Die Linke fuhr in beiden Ländern die schlechtesten Ergebnisse ihrer Geschichte ein. Den erstarkten Grünen dürfte damit in beiden Ländern eine Schlüsselrolle zukommen.
AfD-Spitzenkandidat: „Keine Politik um uns herum mehr möglich“
Die AfD bezeichnete ihre Wahlergebnisse in den beiden ostdeutschen Bundesländern als „großartigen Erfolg“ und meldete ihren Anspruch auf politische Mitbestimmung an. „Es wird keine Politik um uns herum mehr möglich sein“, sagte der AfD-Spitzenkandidat in Brandenburg, Andreas Kalbitz, am Sonntagabend. Die AfD sei „gekommen, um zu bleiben“.
Große Freude auch bei Weidel und Gauland
Bundestagsfraktionschefin Alice Weidel sprach von einem „hervorragenden Ergebnis“. In Sachsen hätten 60 Prozent der Menschen konservativ gewählt und diesen Wählerwillen zu ignorieren wäre „undemokratisch“, sagte sie mit Bezug auf die Aussage der Sachsen-CDU, die eine Regierungskoalition mit den Rechtspopulisten ausgeschlossen hatte. AfD-Chef Alexander Gauland sagte zu den Ergebnissen, die Partei sei mit den Ergebnissen in beiden Bundesländern sehr zufrieden, jedoch sei die AfD nicht stärkste Kraft geworden. „Insofern beginnt die Arbeit jetzt erst.“ Kochef Jörg Meuthen stellte klar, die AfD sei „keine radikale und keine extreme Partei“.
Bie EU-Wahl war AfD in Ostdeutschland noch auf Platz eins
Bei der Europawahl am 26. Mai war die AfD in Sachsen und Brandenburg noch stärkste Partei geworden. In Sachsen war dies der AfD auch bei der Bundestagswahl 2017 gelungen. In den letzten Wochen vor der Wahl hatten aber die Regierungsparteien in den Umfragen gegenüber den Rechtspopulisten etwas verlorenes Terrain gutgemacht. Hier könnte der Amtsbonus zugunsten der Ministerpräsidenten eine Rolle gespielt haben.
Schwierige Regierungsbildungen
Sollten sich die Hochrechnungen verfestigen, dürfte die Regierungsbildung in beiden Ländern schwierig werden. Eine Zusammenarbeit mit den AfD haben alle übrigen in den Parlamenten vertretenen Parteien abgelehnt.
„Warnschuss für die große Koalition“
Wirtschaftsverbände sehen im starken Abschneiden der AfD einen „Warnschuss“ für die große Koalition von Union und SPD im Bund. „Trotz der von ihnen jahrelang betriebenen Politik der sozialen Wohltaten laufen Union und SPD die Wähler in Scharen davon“, sagte Mittelstandspräsident Mario Ohoven am Sonntag der Nachrichtenagentur Reuters. „Die große Koalition sollte daraus die Konsequenz ziehen und endlich eine wachstumsorientierte Politik betreiben, die die Wirtschaft stärkt und eine Rezession von Deutschland abwendet.“
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