Zu tun, was andere nicht wagen, der Kick des Gefährlichen und Verbotenen, die Jagd nach Followern, Bewunderern und Klicks - warum genau sich Menschen für Videos und Fotos, die sie dann in sozialen Netzwerken zur Schau stellen, bewusst in Lebensgefahr bringen, wissen die Akteure wohl oft nur selbst. Derzeit versucht auch ein junger U- und S-Bahn-Surfer in Wien mit seinen Clips am fragwürdigen Ruhm mitzunaschen. „Lebensgefährdend“ urteilen die Wiener Linien.
Es ist kein neues Phänomen, wohl die meisten haben in ihrer Jugend die ein oder andere - oft auch gedankenlose - Mutprobe bestritten. Doch dank Internet und sozialer Medien darf mittlerweile jeder einzelne Mensch auf der Welt, der über einen Internetzugang verfügt, an oftmals haarsträubenden Aktionen teilhaben und diese natürlich auch verbreiten - Alt und Jung, aus nah und fern.
Halsbrecherische Fotos und Clips
Schmerzhafte Aktionen, Ekel-Herausforderungen oder aber auch das gefährliche Spiel mit der eigenen Gesundheit „ziehen“ dabei am meisten - und regen leider oft auch zum Nachmachen an oder dazu, mit der eigenen Aktion das Dargebotene noch zu übertrumpfen. So schocken Adrenalinhungrige mit waghalsigen Posen auf Dächern von Hochhäusern auf der ganzen Welt, rühmen sich mit dem Erklimmen schwer gesicherter Gebäude, meist nur Zentimeter vom Abgrund entfernt.
U-Bahn-„Surfer“ in Wien
Derzeit gehen allerdings auch in Österreich Clips eines jungen Mannes viral, der sich - entgegen jeder Vernunft - als blinder Passagier auf Garnituren der Wiener U-Bahnen, aber auch der S-Bahnen durch die Stadt kutschieren lässt. Immer dabei: die Kamera, lässige Posen, und der drohende Tod in Form von Stromleitungen, Tunneln und anderen Hindernissen auf der Strecke.
So erlebt man hautnah, wie sich der junge Mann raschen Schrittes in einer U-Bahn-Station einer U2-Garnitur nähert, auf einen der Waggons klettert und eine Station mitfährt, unvermummt und grinsend. In einem weiteren Clip klammert er sich außerdem am Ende eines S-Bahn-Zuges an den Waggon und reist mit, diesmal allerdings verhüllt mit einem Tuch in Banditen-Manier.
Doch damit nicht genug: In einem weiteren Clip auf dem Account des jungen Mannes wird noch einen Schritt - bzw. in diesem Fall Sprung - weitergegangen. Diesmal sind es gleich drei Waghalsige auf einem Waggon, die schließlich von der fahrenden U-Bahn in die Donau springen.
„Personen gänzlich ungeschützt“
„Wir raten dringend davon ab, das ist lebensgefährdend und sollte auf keinen Fall nachgemacht werden“, betont Wiener-Linien-Sprecher Christoph Heshmatpour im Gespräch mit krone.at. Ernst nehme man den Vorfall in jedem Fall. „Der Zug muss nur aufgrund eines Hindernisses auf der Strecke eine Notbremsung machen. Die Folgen können dann verheerend sein. Die Personen sind ja gänzlich ungeschützt“, erklärt der Sprecher.
Polizei nicht zuständig
Ein Fall für die Polizei sind derartige Videos und Taten zunächst nicht. „Diese Aktionen erfüllen die zivilrechtliche Übertretung der Besitzstörung“, erklärt dazu Paul Eidenberger, Sprecher der Wiener Polizei, und falle daher „nicht in den Zuständigkeitsbereich der Sicherheitsbehörden“. Kurzum - solange nichts passiert, es etwa zu einer Sachbeschädigung kommt, kann die Exekutive nicht tätig werden.
Anzeige nach Eisenbahnrecht
„Von unserer Seite ist bei derartigen Aktionen eine Anzeige nach dem Eisenbahnrecht möglich, da sich die Person unberechtigt auf der Bahnanlage aufhält“, so Heshmatpour. Wird man Zeuge eines Vorfalls, rät der Sprecher dazu, eine der insgesamt drei Notstopp-Säulen in den Stationen zu betätigen. „Der Zug kann dann nicht abfahren und ein Mitarbeiter ist rasch an Ort und Stelle.“
Auch gebe es in den U-Bahn-Garnituren die Notknöpfe, mit denen auch eine Verbindung zum U-Bahn-Fahrer hergestellt werden kann. Zudem seien insgesamt 120 Sicherheitsmitarbeiter sowie 200 zusätzliche Servicemitarbeiter im gesamten Streckennetz aktiv, die U-Bahn-Stationen werden mit insgesamt 2700 Kameras überwacht. „Auf jeden Fall gilt, besser einmal zu oft als einmal zu wenig den Notruf betätigen“, so Heshmatpour.
Derartige Aktionen wie jene in den besagten Clips wären hierzulande selten, „es ist der erste Fall seit längerer Zeit bei uns“, so Heshmatpour. „Wer sein Leben allerdings liebt, sollte davon auf jeden Fall Abstand nehmen“, so der Wiener-Linien-Sprecher. Doch auf der Jagd nach dem nächsten K(l)ick rückt das fallweise leider oft zu schnell in den Hintergrund.
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