Der Wahlkampf ist voll im Gang und treibt vor allem in den sozialen Netzwerken wilde Blüten. Der Ton wird zunehmend rauer, auch zwischen Medien und Parteien. Seit dem Bericht über eine angebliche „doppelte Buchhaltung“ der ÖVP tobt zwischen der Wiener Wochenzeitung „Falter“ und den Türkisen ein heftiger Streit, der auf Twitter gnadenlos ausgetragen wird.
Die Türkisen kündigten am Dienstag an, den „Falter“ wegen des Berichts über die angebliche „doppelte Buchhaltung“ auf Unterlassung zu klagen. ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer verwies auf mehrere Behauptungen der Zeitung, die nicht der Wahrheit entsprechen würden - darunter der Vorwurf, die Öffentlichkeit werde bewusst getäuscht.
ÖVP will auf Unterlassung bestimmter Behauptungen klagen
Nehammer äußerte sein Bedauern, „dass wir diesen Schritt gegen den ,Falter‘ setzen müssen, da wir dies als Volkspartei nicht leichtfertig oder regelmäßig tun. Da aber in diesem Fall eine Grenze überschritten wurde, sind wir gezwungen, rechtliche Schritte einleiten zu müssen.“
Hintergrund: Der „Falter“ berichtete am Montag über ihm zugespielte interne Dokumente, wonach die ÖVP auch heuer vorhabe, die Wahlkampfkosten-Obergrenze zu überschreiten. Demnach plane die Partei neun Millionen Euro an Ausgaben (laut gesetzlicher Vorgabe müssen sieben Millionen Euro eingehalten werden).
„Behauptungen, die so nicht stimmen“
Nehammer betonte, dass gegenüber dem „Falter“ „die Punkte auch erläutert“ wurden - „und trotz rechtlich korrekter Erklärung wurden Behauptungen über die Wahlkämpfe 2017 und 2019 in den Raum gestellt, die so einfach nicht stimmen“. Dagegen werde die ÖVP rechtliche Schritte einleiten, so Nehammer. Für ÖVP-Parteichef Sebastian Kurz sei klar, dass interne Daten nicht nur entwendet, sondern auch verfälscht wurden. Darauf habe man den „Falter“ bei dessen Recherchen hingewiesen.
„Werden Pressefreiheit verteidigen“
Die Wochenzeitung sieht einer Klage gelassen entgegen. „Wenn die ÖVP den ,Falter‘ klagt, verteidigen wir die Pressefreiheit bis zum Europäischen Menschenrechtsgerichtshof“, so Chefredakteur Florian Klenk. Ihm zufolge habe man sich im Zuge des Berichts an alle Gesetze gehalten und nichts Strafbares getan. „Wir berichten über Angelegenheiten, die im public interest sind“, schrieb Klenk auf Twitter.
Cyberangriffe: ÖVP soll „Falter“ Zutritt zu Medientermin verweigert haben
Seit Donnerstag ist der Streit um eine Facette reicher. Im Zuge der angeblichen Cyberangriffe auf Server in ihrer Parteizentrale lud die ÖVP am Vormittag zu einem Hintergrundgespräch. Der „Falter“ brüskierte sich wenig später darüber, dass ihre Redakteurin von ÖVP-Parteimitarbeitern direkt vor Ort „als einziges Medium“ ausgeladen worden zu sein.
„Kurz will PR und nicht Journalismus“
Dass der „Falter“ ausgeladen worden sei, hätte laut Klenk einen Grund. „Weil wir als einzige in der Sache recherchiert haben. Das will Sebastian Kurz nicht. Er will PR und nicht Journalismus“, so Klenk auf Twitter.
„So sieht also türkise Presse- und Meinungsfreiheit in Österreich anno 2019 aus“, beklagte sich auch „Falter“-Redakteurin Barbara Tóth. Ihr zufolge wäre der „Falter“ das einzige Medium gewesen, welches nicht eingeladen worden wäre. Mittlerweile hat sich allerdings herausgestellt, dass auch andere Medien beim Hintergrundgespräch nicht dabei waren.
ÖVP kontert Vorwürfe: „Nur tagesaktuelle Medien eingeladen“
Die ÖVP begründete die Ausladung des „Falter“ damit, dass man nur tagesaktuelle Medien eingeladen habe. „Wie immer bei tagesaktuellen Themen waren Tagesmedien eingeladen“, begründete ein Sprecher, warum das Wochenmagazin nicht zum Medientermin zugelassen wurde. Die anderen Medienvertreter, die bereits im ÖVP-Medienraum waren, hatten von der Abweisung der „Falter“-Redakteurin nichts bemerkt, weil diese - durch den Tweet eines Journalisten informiert - erst nach Beginn der Veranstaltung eingetroffen war.
Nehammer: „Wir kriminalisieren den ,Falter‘ nicht“
Laut „Falter“ habe es womöglich den Anschein, als wolle die ÖVP die Zeitung kriminalisieren. Dem wiedersprach Nehammer prompt: „Zur Sorge des ,Falter‘, dass wir ihn kriminalisieren, stellen wir klar: Wir kriminalisieren NICHT den ,Falter‘, sondern jene, die uns professionell von außen gehackt und angegriffen haben und somit auch unsere Demokratie angreifen!“
Das letzte Wort im Twitter-Streit zwischen „Falter“ und ÖVP ist mit Sicherheit noch nicht gesprochen. Fortsetzung folgt - garantiert ...
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