Nachdem die ÖVP am Donnerstag einen Hackerangriff auf die Server der Partei beklagt hatte, hat die Bundesregierung die kolportierte Cyberattacke über das „Rapid Alert System“ (RAS), ein Frühwarnsystem der EU gegen mutmaßliche Wahlbeeinflussungsversuche, an die Europäischen Union gemeldet. Weil, so heißt es in einer Stellungnahme aus dem Büro von Kanzleramtsminister Alexander Schallenberg gegenüber krone.at, „ein nicht-staatlicher Akteur mit dem Ziel einer Manipulation der anstehenden Nationalratswahlen nicht ausgeschlossen werden“ könne.
Dass - wie einige Medien vermeldeten - Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein die Meldung an die EU gemacht habe, sei so nicht richtig, hieß vonseiten ihrer Pressestelle. Das „Rapid Alert System“ wurde im März dieses Jahres von der EU-Kommission und dem Europäischen Auswärtigen Dienst in Umsetzung des EU-Aktionsplans gegen Desinformation eingerichtet. Es dient als Austauschplattform der Mitgliedsstaaten und der EU-Institutionen in Bezug auf Desinformationskampagnen aus Drittstaaten mit dem Ziel, Wahlen zu beeinflussen und die Integrität demokratischer Systeme zu untergraben.
Die Volkspartei hatte am Donnerstag bekannt gegeben, dass durch einen Cyberangriff bis zu 1300 Gigabyte an Daten aus dem Computersystem der Partei abgezogen worden seien. Teile davon - betreffend die ÖVP-Parteispenden und die Wahlkampffinanzierung - wurden Medien zugespielt. Nach Angaben des von der Partei beigezogenen Sicherheitsexperten Avi Kravitz habe der Angreifer zwischen 27. Juli und 3. September Zugriff auf das Computersystem der ÖVP gehabt.
BKA und Staatsanwaltschaft ermitteln
Laut Angaben der ÖVP ermitteln Beamte der Abteilung „Cyber Crime Competence Center“ des Bundeskriminalamts (BKA) in dieser Causa. Man werde sämtliche Ergebnisse und Beweise der seit Dienstag in der Parteizentrale eingesetzten „Taskforce“ dem BKA übergeben. Auch die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt wegen des Verdachts des widerrechtlichen Zugriffs auf ein Computersystem (§118a StGB) sowie der Datenbeschädigung (§126a StGB). Letzteres, weil die Volkspartei behauptet, dass auch Daten manipuliert worden sein sollen.
Um wen es sich bei dem Angreifer handelt, ist nach wie vor völlig unklar. Wie die von den Türkisen beigezogenen IT-Experten sagten, konnten die mutmaßlichen Eindringlinge bisher nicht zurückverfolgt werden. Die Strafdrohung für den widerrechtlichen Zugriff auf ein Computersystem und die Datenbeschädigung beträgt maximal sechs Monate bzw. (im Fall der Datenbeschädigung) bis zu fünf Jahre, wenn der Schaden 300.000 Euro übersteigt.
FPÖ beruft Nationalen Sicherheitsrat ein
Die FPÖ will den mutmaßlichen Hackerangriff im Nationalen Sicherheitsrat, einem vertraulichen Beratungsgremium der Regierung in Angelegenheiten der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik, besprechen. Die Abgeordneten Harald Stefan und Hans-Jörg Jenewein haben Bundeskanzlerin Bierlein am Freitag aufgefordert, binnen 14 Tagen eine Sitzung einzuberufen. Abgesprochen ist das mit der Liste JETZT, deren Gründer Peter Pilz aber gerne wissen würde, „ob die ÖVP Opfer oder Täter ist“. Er will selbst Vorschläge zur Bekämpfung von Cyberattacken machen.
Auch die Volkspartei schließt sich der Forderung nach Einberufung des Sicherheitsrates an, will aber noch mehr. Sicherheitssprecher Karl Mahrer kündigte an, den Hackerangriff im ständigen Unterausschuss des Innenausschusses im Nationalrat zu thematisieren. Er will vor allem wissen, ob es sich um Wahlbeeinflussung handeln könnte und was die Bundesregierung dahingehend unternehmen will.
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