Kein Platz mehr frei

Bub (8) aus Bus geworfen und allein zurückgelassen

Niederösterreich
09.09.2019 06:01

Stellen Sie sich vor, Sie kommen an einem Wochentag morgens an einer Bushaltestelle vorbei und finden dort - mutterseelenalleine - Ihr in Tränen aufgelöstes Kind vor, von dem Sie eigentlich gedacht hätten, es wäre sicher auf dem Weg in die Schule. Genau dieses Bild bot sich Raffaela S. am Donnerstag im niederösterreichischen Purkersdorf. Unfassbares war kurz zuvor geschehen: Als der Achtjährige zusammen mit seinem Bruder (7) in den einzigen Bus in Richtung Schule eingestiegen war, schmiss ihn der Fahrer kurzerhand wieder hinaus. Der Grund: Das Fahrzeug sei voll. Doch damit nicht genug, musste sich die Mutter, die den Chauffeur kurz darauf zur Rede stellte, auch noch grob beflegeln lassen ...

Eben erst hat die Schule auch für die beiden Buben (7, 8) wieder begonnen. Jeden Tag müssen sie mit dem Bus von Purkersdorf ins Sacré Coeur nach Pressbaum fahren. Für die beiden Schüler, ebenso wie für viele andere, gibt es nur eine einzige Direktverbindung, um rechtzeitig zum Unterricht zu kommen. Seit zwei Jahren, schildert S., führe das regelmäßig zu Problemen.

Kind zufällig von Mutter am Straßenrand entdeckt
So auch am Donnerstag, kurz vor 7.30 Uhr. „Der Bus war gesteckt voll“, sagte S. im Gespräch mit krone.at. Doch dass man dann einfach ein Kind wieder vor die Tür setzt und alleine stehen lässt, ist für die Mutter unbegreiflich. Der Achtjährige „hatte kein Handy bei sich und sein kleinerer Bruder blieb zudem allein im Bus zurück“, erzählte die zweifache Mutter. „Er hat ebenfalls geweint und war völlig aufgelöst.“

(Bild: Screenshot facebook.com, Christof Birbaumer, krone.at-Grafik)

Und dabei hatte der zurückgelassene kleine Fahrgast noch Glück im Unglück. Denn rund zehn Minuten später kam seine Mutter - sie arbeitet als mobile Krankenpflegerin - mit dem Auto vorbei. Erschrocken und erstaunt entdeckte sie ihren Sprössling weinend an der Bushaltestelle. Nachdem sie ihn endlich beruhigt hatte, erzählte er ihr, was vorgefallen war.

(Bild: Markus Tschepp)

Rüpelhaftes Verhalten des Buslenkers
Das konnte die couragierte Frau nicht auf sich beruhen lassen. Sie setzte sich kurzerhand mit dem Achtjährigen ins Auto und hatte den Bus einige Haltestellen weiter eingeholt. Dort stellte sie den Fahrer zur Rede. Doch von Einsicht oder Verständnis keine Spur. Das sei nicht sein Problem, habe er ihr gesagt und sie schließlich sogar mit den Worten „Gehen S‘ scheißen!“ beflegelt. „Ich hab dann weiter die Bustür blockiert und - zugegebenermaßen aufgebracht - eine Entschuldigung gefordert“, so S. Daraufhin drohte der Chauffeur sogar, die Polizei zu rufen, und meinte, „dass ich nun selbst Probleme bekommen würde, weil sich der Bus verspätet“. Schließlich gab sie auf und die Tür frei.

(Bild: ÖBB)

Immer wieder Beschwerden
Freilich wollte die verärgerte Mutter den Vorfall nicht auf sich beruhen lassen. Einerseits wegen des flegelhaften Verhaltens des Busfahrers, andererseits, weil aus ihrer Sicht jedenfalls Bedarf bestehe, das Kontingent an Bussen auf der Strecke aufzustocken. „Ich habe bereits Gespräche mit anderen Müttern geführt. Der Bedarf (für mehr Busse, Anm.) ist jedenfalls vorhanden“, stellte S. klar. Denn es habe auch schon im vergangenen Jahr immer wieder Beschwerden „über zu wenig Platz im Bus“ gegeben.

(Bild: Screenshots fecebook.com, Christof Birbaumer, krone.at-Grafik)

Das spiegeln auch zahlreiche Kommentare unter einem Facebook-Posting von S. wider: „Selbe Buslinie bei uns - knallvoll heute“, schrieb eine Userin: „Bitte bei VOR (Verkehrsverbund Ost-Region, Anm.) melden.“ Es sei „unglaublich, dass ein Kind einfach stehen gelassen wird“, steht da zu lesen. „Wahnsinn! Bin sprachlos“, konstatierte eine andere.

Eine Entschuldigung, aber wenig Einsicht
„Ich zahle 70 Euro für das Ticket. Da muss ich mich doch darauf verlassen können, dass mein Kind sicher in der Schule ankommt“, wetterte S. gegenüber krone.at, die kurz nach dem Vorfall per Mail eine Beschwerde an das Busbetreiberunternehmen ÖBB schickte. Doch auch seitens des Kundenservice zeigte man sich wenig einsichtig: „Ist die Kapazität (der Plätze im Bus, Anm.) erreicht, so dürfen keine Fahrgäste mehr aufgenommen werden“, heißt es lapidar in dem Antwortschreiben, das krone.at vorliegt. Die Verantwortung für die Überlastung der Strecke reicht man zudem an die VOR-GmbH weiter. „Nur wenn der VOR den Auftrag gibt, ein weiteres Fahrzeug einzusetzen, darf zusätzlich gefahren werden“, so die Auskunft des ÖBB-Kundenservice.

(Bild: Screenshot vor.at, Christof Birbaumer, krone.at-Grafik)

Immerhin zeigte man ein wenig Verständnis angesichts des rüpelhaften Verhaltens des Busfahrers. „Bitte entschuldigen Sie das unangebrachte Benehmen des Fahrers“, hieß es. Als Busunternehmen sei ihnen ein „freundliches Verhalten“ der Mitarbeiter wichtig. Man habe den Vorfall „zur dementsprechenden Bearbeitung“ der Verkehrsstelle Hütteldorf vorgelegt.

Weiterhin hofft S., dass vielleicht doch bald Bewegung in die Sache kommen könnte und ausreichend Busse für die Schulkinder zur Verfügung gestellt werden. Denn so etwas dürfe sich keinesfalls wiederholen.

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