Wahlen in Russland
Kremlpartei hält Mehrheit – Verluste in Moskau
Die russische Regierung ist trotz Manipulationsvorwürfen mit dem Abschneiden der Kremlpartei Geeintes Russland bei den Kommunal- und Regionalwahlen zufrieden. Nach Angaben der Wahlleitung verteidigte die regierende Partei in den meisten Regionen ihre Mehrheit der Abgeordnetenmandate. In Moskau gab es zwar Verluste, nach dem Ausschluss Dutzender Oppositionskandidaten holte Geeintes Russland im umkämpften Stadtrat 25 der 45 Sitze, wie die Agentur Interfax am Montag berichtete.
Zwei Kandidaten der Kremlpartei verloren in der Hauptstadt ihre Mandate. Von der gemäßigten Oppositionspartei Jabloko siegten drei Kandidaten in der größten Stadt Europas. Unter ihnen war der prominente Politiker Sergej Mitrochin, der sich vor Gericht eine Zulassung erstritten hatte. Die übrigen Abgeordneten kommen von den Kommunisten und anderen systemtreuen Parteien. Als Kandidaten nicht zugelassene prominente Oppositionelle hatten zu einer „smarten Abstimmung“ aufgerufen. Die Bürger sollten alles wählen - nur nicht die Kandidaten der Kremlpartei.
Bei den für den Kreml besonders wichtigen Gouverneurswahlen bekamen die Kandidaten des Machtapparats überall den Sieg zugesprochen. „Die Partei hat sich ihre Führungsqualitäten gesichert und bleibt die führende politische Kraft“, hatte Regierungs- und Parteichef Dmitri Medwedew bereits unmittelbar nach Bekanntwerden der ersten Wahlergebnisse in den Regionen gesagt.
Umfragen hatten der Kremlpartei wegen der Unzufriedenheit über die wirtschaftliche Lage im Land teils massive Verluste vorhergesagt. In der Region Chabarowsk an der Pazifikküste kam die Partei nur auf 12,51 Prozent der Stimmen - nach der ultranationalistischen Liberaldemokratischen Partei Russlands und den Kommunisten.
Wichtiger Stimmungstest für Putin
Die Wahlen auf regionaler und kommunaler Ebene galten als wichtiger Stimmungstest für Kremlchef Wladimir Putin und die Regierungspartei. Insgesamt waren 56 Millionen Wähler zur Stimmabgabe aufgerufen - das ist fast die Hälfte aller Wahlberechtigten Russlands.
Sehr niedrige Wahlbeteiligung
Die Wahlbeteiligung war teils sehr niedrig. In Moskau lag sie bei 21,63 Prozent - etwa so hoch wie 2014. Nach Angaben der Behörden hatten wenige Stunden vor Schließung der Wahllokale landesweit nur rund 34 Prozent der aufgerufenen Russen abgestimmt. In Moskau lag die Wahlbeteiligung zu diesem Zeitpunkt bei etwa 17 Prozent.
Beobachter sprachen von Manipulationsversuchen und Behinderungen
Wahlleiterin Ella Pamfilowa und das Innenministerium betonten, dass es zu keinen ernsthaften Verstößen gekommen sei. Die Menschenrechtsorganisation Golos und andere Beobachter berichteten jedoch von Hunderten Meldungen über Manipulationsversuche und vor allem von Behinderungen ihrer Arbeit.
Auf Videos war zu sehen, wie Wähler mehrere Stimmzettel gleichzeitig in die Wahlurnen warfen. Zudem kursierten Fotos mit massenweise vorausgefüllten Stimmzetteln für die Kremlpartei. Um die Wahlbeteiligung nach oben zu treiben, sollen Mitarbeiter von Staatsbetrieben zur Abstimmung gezwungen und teils in Bussen zu den Wahllokalen transportiert worden sein. Zudem sollen Stimmen gekauft worden sein.
Pussy-Riot-Mitglied festgenommen
Am Wahltag gab es einige Festnahmen. Der Pressesprecher von Golos sei ohne Angabe von Gründen von der Polizei abgeführt worden. Wie das Bürgerportal OWD-Info berichtete, wurden mindestens 16 Menschen festgenommen, darunter Journalisten sowie Maria Aljochina, ein prominentes Mitglied der Punkband Pussy Riot.
Vor der Wahl war es bereits zu massiven Protesten gekommen, weil Dutzende Oppositionelle und Kremlkritiker von der Wahl ausgeschlossen worden waren. Tausende Menschen waren bei den Demonstrationen für freie Wahlen vorübergehend festgenommen worden. Kremlkritische Medien hatten unter Berufung auf behördennahe Kreise berichtet, dass die Umfragen für die offiziellen Kandidaten des Machtapparats so schlecht gewesen seien, dass keine Konkurrenz zugelassen werden sollte.
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