„Krone“-Kolumnist Michael Jeannée widmet seine aktuelle „Post“ Ursula Stenzel, die zuletzt mit einem öffentlichen Auftritt bei einer Kundgebung der Identitären für Aufsehen sorgte.
Liebe Frau Stenzel,
diese Kolumne lebt seit 14 Jahren von Personen, über die gredt wird. Von Ihnen redt heut das ganze Land.
Als Unperson, die die rechtsextreme Fackel der Identitären geschwungen hat. Im Gedenken an den 12. September 1683, an dem die Türken auf den Hängen des Wiener Kahlenbergs vernichtend geschlagen wurden. Im Gedenken an jenen Tag vor 336 Jahren, der in der Geschichte unserer Heimat Österreich der vielleicht entscheidendste gewesen ist.
Also schwangen Sie Ihre Fackel und marschierten los. Wurden Sie missbraucht? Wussten Sie nicht, dass der Marsch ein identitärer war? Sie behaupten das jetzt. Aber niemand glaubt Ihnen. Auch ich nicht.
Ich glaube vielmehr, es war Ihnen wurscht. Weil Sie überzeugt sind von diesem Datum. Und weil außer den Identitären weit und breit niemand, keine Gruppierung, kein Verein, keine Partei, bereit gewesen ist für das Gedenken.
Man wird Sie jetzt wahrscheinlich über die politische Klinge springen lassen und die nicht amtsführende Stadträtin Ursula Stenzel in den Ruhestand schicken.
Und ich werde mich an Sie erinnern. Nein, nicht an Ihren Marsch und Ihre Fackel. Sondern an das, was Sie einer ORF-Reporterin live in die Kamera sagten: „Wenn diese Schlacht anders ausgegangen wäre, würden Sie mich hier wahrscheinlich mit Kopftuch sehen und nicht vor der Büste meines jüdischen Urgroßvaters, der Rabbiner war.“
Michael Jeannée, Kronen Zeitung
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