Der Vater eines mittlerweile zweieinhalbjährigen Buben hat sich am Mittwoch wegen des Vorwurfs des Mordversuchs vor einem Schwurgericht in Salzburg verantworten müssen. Der 33-Jährige soll im November 2017 seinen damals fünf Monate alten Sohn so massiv geschüttelt haben, dass das Baby ein schweres Schütteltrauma erlitten hat. Der Angeklagte bestritt eine Verletzungsabsicht.
Dieser Fall ist bereits im Dezember 2018 vor einem Schöffensenat am Landesgericht Salzburg verhandelt worden. Der unbescholtene deutsche Staatsbürger war wegen absichtlich schwerer Körperverletzung angeklagt worden. Der Prozess endete mit einem Unzuständigkeitsurteil. Die Staatsanwaltschaft hatte die Anklage auf versuchten Mord ausgedehnt, da das Schütteln des Kindes laut dem gerichtsmedizinischen Gutachter eine Lebensgefahr hervorgerufen hat. Bei dem Baby seien im Krankenhaus massive Einblutungen im Gehirn festgestellt worden.
Der Angeklagte schilderte heute der Vorsitzenden des Geschworenengerichtes, Richterin Ilona Schalwich-Mozes, teils mit Tränen in den Augen, was sich in der Nacht auf 29. November 2017 aus seiner Sicht zugetragen hatte. Er sei das erste Mal alleine mit seinem Sohn gewesen, weil sich seine Lebensgefährtin - sie ist die Mutter des gemeinsames Kindes - wegen einer Operation im Spital stationär aufhalten musste. Er habe dem Buben gegen 2.00 Uhr ein Fläschchen gegeben und rund eine halbe Stunde später ein Röcheln gehört. „Er ist neben mir im Gesicht blau angelaufen, die Mundwinkeln waren leicht offen, es ist Milch ausgelaufen.“
In Panik und aus Angst, sein Sohn könnte ersticken, habe er ihn vier- bis fünfmal geschüttelt und danach kaltes Wasser über seinen Kopf laufen lassen. „Er hat gehustet, Milch ist ausgeflossen, dann wurde die Haut wieder hell“, erzählte der Angeklagte. Er habe diese Tat nicht mit Absicht begangen, betonte der Bauarbeiter. „Das ist im Schock und im Stress passiert.“ Das Kind sei sein „ein und alles“, sagte er schluchzend. Am darauffolgenden Tag habe es sich normal verhalten. Nachdem es aber am Nachmittag „eine Fontäne“ erbrochen habe, habe er mit der mittlerweile aus dem Spital entlassenen Lebensgefährtin und dem Baby zunächst einen Kinderarzt aufgesucht.
Der Mediziner legte eine Untersuchung im Krankenhaus nahe. Bei dem Säugling wurden mehrere lebensgefährliche Subduralhämatome, also Einblutungen unter der harten Hirnhaut, diagnostiziert. Er zeigte typische Symptome wie Erbrechen, Berührungsempfindlichkeit und reduziertes Trinkverhalten.
„Mein Mandant hat in Panik falsch reagiert. Er hat in diesem Moment versagt, weil er verzweifelt war“, erklärte Verteidiger Franz Essl. „Es besteht keine Vorsätzlichkeit, er hat fahrlässig gehandelt.“ Als Rettungsmaßnahme habe der Mann das Kind geschüttelt. Es gebe überhaupt kein Motiv für eine Verletzungs- oder gar Tötungsabsicht, sagte der Anwalt. „Das Kind hat keine Spät- oder Dauerfolgen erlitten.“ Der Angeklagte, der nach dem Vorfall aus der gemeinsamen Wohnung im Flachgau ausziehen musste, habe mit Beschluss des Bezirksgerichtes Oberndorf vom 8. Jänner 2019 wieder zu seiner Partnerin und dem Kind zurückkehren dürfen, es sei auch eine gemeinsame Obsorge verfügt worden. Der Mann habe unter anderem ein Antiaggressionstraining und einen Erste-Hilfe-Kurs beim Roten Kreuz absolviert. Die Staatsanwaltschaft habe auch keine U-Haft beantragt, wie das bei einem Mordversuchsvorwurf an sich obligatorisch sei, gab der Verteidiger zu bedenken.
Staatsanwalt Leon-Atris Karisch bezeichnete das Argument der „lebensrettenden Maßnahme“ allerdings als Schutzbehauptung. Er verwies auf die Verletzungen, die „hochgradig schwer sind“. Dem Gerichtssachverständigen zufolge entstünden solche Verletzungen dann, wenn das Kind massiv geschüttelt werde, in einer Frequenz von 20 bis 30 mal in der Minute. Der Angeklagte habe zum Zeitpunkt des massiven Schüttelns das Risiko einer tödlichen Verletzung erkannt, er habe sich mit der Gefahr, die er verursacht habe, abgefunden. Der Beschuldigte habe einen Geburtsvorbereitungskurs absolviert, bei dem auf die Gefahr eines Schütteltraumas bei Babys hingewiesen worden sei. Dazu der Verteidiger. „Mein Mandant sagte, er hat das gehört, aber sich trotzdem anders verhalten. Es tut ihm leid. Er ist ein einfacher Mensch und kein großer Denker.“
Der Prozess wurde wegen weiterer Zeugeneinvernahmen vertagt.
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