Ein alleinstehender Durchschnittsverdiener (39.856 Euro brutto) hat im Vorjahr 47,9 Prozent seines Einkommens an Steuern und Sozialbeiträgen bezahlt. Das waren zwar weniger als 2008 (48,8 Prozent), aber immer noch um 0,6 Prozentpunkte mehr als im Jahr 2000.
Grassers "größte Steuerreform aller Zeiten" ein Flop
De facto bedeutet das, dass die Steuersenkungen der vergangenen Regierungen - Finanzminister Karl-Heinz Grasser sprach 2004 sogar von der "größten Steuerreform aller Zeiten" - gerade einmal den inflationsbedingten Anstieg der Steuern ("kalte Progression") bremsen konnten, aber keine Entlastung brachten.
Im internationalen Vergleich steht Österreich mit diesen Zahlen recht einsam da, denn die meisten anderen OECD-Staaten haben ihre Lohnsteuern und Sozialabgaben seit 2000 gesenkt (von 37,8 auf 36,4 Prozent). Noch deutlicher fällt die Senkung in den 15 "alten" EU-Staaten aus (von 43,6 auf 41,6 Prozent).
In EU gab es nur in Griechenland stärkeren Anstieg
Gestiegen ist die Steuerlast für durchschnittliche alleinstehende Arbeitnehmer seit 2000 neben Österreich nur in einem einzigen erfassten EU-Staat, nämlich in Griechenland (und zwar deutlich stärker von 37,9 auf 41,5 Prozent). Bestätigt wird dieser Trend auch von den anderen von der OECD berechneten Fallbeispielen: Während die Steuerlast seit 2000 im internationalen Durchschnitt gesunken ist, ist sie in Österreich leicht gestiegen oder stagniert. Schwacher Trost: Im Vorjahr ist die Steuer- und Abgabenlast erstmals seit Jahren wieder gesunken - ein Effekt der Steuerreform 2009.
Einige Beispiele: Eine unterdurchschnittlich verdienende Alleinerzieherin mit 26.703 Euro Jahresbruttogehalt und zwei Kindern hat 2000 25,1 Prozent ihres Einkommens für Steuern und Abgaben abgeliefert, 2009 waren es 26,4 Prozent. Für ein berufstätiges Ehepaar mit zwei Kindern und 53.000 Euro Familieneinkommen lag die Steuerlast 2000 bei 36,3 Prozent, 2009 bei 36,8 Prozent. Leicht gesunken ist die Steuerlast demnach nur bei relativ gut verdienenden Alleinstehenden bzw. Paaren ohne Kinder.
Finanzministerium: OECD-Studie verzerrt die Realität
Das Finanzministerium verweist darauf, dass die aktuelle OECD-Studie nur einen Teil der österreichischen Familienleistungen berücksichtigt. Wie ein Sprecher von Finanzminister Josef Pröll am Dienstag sagte, wird entsprechend der OECD-Systematik das Kindergeld nicht berücksichtigt. Dieses mache mit über einer Milliarde Euro jährlich allerdings fünf Prozent des Aufkommens an Lohn- und Einkommensteuer aus.
Neben dem Kindergeld wird nach Angaben des Finanzministeriums auch ein Teil der Familienbeihilfe von der OECD ausgeklammert (berücksichtigt werden nur die Transferzahlung für Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren). Auch der im Vorjahr geschaffene Steuerabzugsposten für die Kinderbetreuung werde demnach von der OECD ausgeklammert. Würden diese Sozialleistungen bei der Lohnsteuerbelastung gegengerechnet, so würde sich für Österreich eine entsprechend niedrigere Abgabenquote ergeben.
Außerdem verweist das Finanzministerium darauf, dass ein großer Teil der Abgaben auf Arbeitseinkommen auf die Sozialversicherung entfällt. Zudem gehe die OECD bei ihrer Studie vom Durchschnittseinkommen eines Industriearbeiters aus, das mit 39.000 Euro Jahresbrutto deutlich über dem Durchschnittseinkommen der gesamten Arbeitnehmerschaft liege. Auch hierdurch entstehe eine gewisse Verzerrung.
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