Bischof im Interview

Kapellari über eine bessere Zukunft der steirischen Kirche

Steiermark
12.05.2010 10:55
Der Bischof der Diözese Graz Seckau, Egon Kapellari, hat mit dem "Sonntagsblatt" über die aktuelle Situation der katholischen Kirche gesprochen. Das steirische Kirchenoberhaupt mahnt zur Einigkeit, scheut den offenen Dialog aber nicht. Dabei dürfe es keine Denk- oder Sprechverbote geben. Kapellari hält etwa eine stärkere Einbeziehung von Laien für denkbar. Die "Krone" bringt vorab Auszüge dieses Interviews.

Der Bischof über die Stimmung im Kirchenvolk: "Was mich jetzt besonders bewegt, sind Briefe von Katholiken, die aus der Kirche ausgetreten sind oder sich einen Austritt überlegen. Es gibt da lange Auflistungen von Fehlern der Kirche in Vergangenheit und Gegenwart. All das ist oft sehr plausibel, aber es zeigt weitaus nicht die Kirche im Ganzen. Wie kann man diese selektive Wahrnehmung aufbrechen auf die ganze Wirklichkeit hin? Ich lasse mir alle diese Fragen und Sorgen sehr zu Herzen gehen."

Kapellari befürwortet den Weg eines "offenen diözesanen Gesprächs über bedrängende Probleme, aber auch über ermutigende Chancen der Kirche", mahnt jedoch einige verbindliche Grenzen ein, "die uns vor schweren Gleichgewichtsstörungen bewahren können". Die Kirche müsse sich weiterbewegen und werde dies auch tun; es gelte, die "sakramentale und missionarische Dimension der Kirche wieder allgemeiner verstehbar zu machen". Wohl überlegt und ohne Schnellschüsse: "Es gibt keinen Grund für eine Hektik, der bald der Atem ausgeht."

Kampf gegen Spannungen in Ortskirchen
"Im Boot bleiben und nicht gegeneinander rudern" - der Bischof ruft die Katholiken zur Einigkeit auf: "Spannungen innerhalb von Ortskirchen und deren Verbund mit der Weltkirche kann man weder wegreden, noch kann man sie bald schon auflösen. Sie wären aber viel erträglicher und sogar fruchtbarer, wenn die Argumente für oder gegen eine Position auf beiden Seiten besser entfaltet und bekannt wären. Da ist viel unterlassen worden."

Zugleich stellt Kapellari unmissverständlich fest, dass es keine Denk- und Sprechverbote geben wird. Kapellari über den Modus Operandi: "Eine bunte Gruppe von zehn bis zwölf Personen soll mit der koordinierenden Hauptverantwortung betraut werden. Männer und Frauen, Priester und Laienchristen, Menschen mit langer Erfahrung aber auch manche jüngere Leute mit frischen Ideen sollen da zusammenwirken." Und weiter: "Rings um dieses 'Zentralgestirn' sollen verschiedene Gruppen und Einzelne angesiedelt sein", für die die Kirche "nicht bloß ein Verein oder eine Sozialagentur, sondern der mystische Leib Christi ist". 

Welche konkreten Ergebnisse könnten am Ende dieses Prozesses stehen? Laien, so Kapellari, könnte die volle Verantwortung für die Verwaltung und die wirtschaftliche Führung in den Pfarren übertragen werden. Und weiter: "Vor dem Hintergrund des Priestermangels und der damit verbundenen Erweiterung der Anzahl der Pfarrverbände könnten auch Modelle der Einbeziehung von Diakonen und Laienchristen in die Leitung dieser Einheiten zumindest beispielhaft umgesetzt werden." Der Gesprächsprozess werde dann Früchte bringen, wenn es gelingt, den Blickwinkel über die innerkirchlichen Fragestellungen hinaus auf die großen gesellschaftlichen Herausforderungen zu erweiten.

"Glaubt ihr nicht, so seid ihr nicht"
Kapellari: "Das sind Fragen einer alternden Gesellschaft, die immer weniger Kinder hat; Fragen nach dem Gelingen von erfüllten und stabilen Beziehungen und dem verantwortungsvollen Umgang mit Nichtgelingendem; Fragen der Gerechtigkeit in reichen Gesellschaften, die mit Verteilungskämpfen konfrontiert sind und auch die großen Fragen der Bewahrung der Schöpfung. Als Kirche werden wir hier Motive des Lebens und der Hoffnung vermitteln können, wenn wir glaubwürdig zu verstehen geben, dass wir sehr nahe bei den großen Problemen unserer Zeit und bei den Menschen sind." Und abschließend: "Glaubt ihr nicht, so seid ihr nicht."

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