Juncker traf Johnson
Brüssel wartet weiter auf Vorschläge aus London
Der britische Premierminister Boris Johnson ist offenbar ohne neuen Vorschlag für die Nordirland-Frage im Brexit-Abkommen zu einem Treffen mit dem scheidenden EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker am Montag nach Luxemburg gekommen. Die EU-Kommission teilte nach dem Treffen mit, es gebe keine neuen Vorschläge. Johnson hatte zuvor noch die Chancen für einen neuen Brexit-Deal betont.
„Ich glaube leidenschaftlich, dass wir das schaffen können“, so Johnson vor dem Gespräch. Allerdings bezeichnete er die Erwartungen daran als „vorsichtig“. Juncker erklärte dazu, er sei „vorsichtig optimistisch“ und „verliere nie die Geduld“.
Erstes Gespräch seit Johnsons Antritt
Johnson und Juncker trafen sich zu einem Arbeitsessen - das erste direkte Gespräch der beiden, seit Johnson im Juli Premierminister wurde. Der britische Brexit-Beauftragte Stephen Barclay und EU-Unterhändler Michel Barnier waren dabei.
Die EU-Kommission werde rund um die Uhr verfügbar bleiben, hieß es weiter. In dem Verfahren werde der EU-Gipfel am 17. und 18. Oktober ein wichtiger Meilenstein. Die 27 bleibenden EU-Länder blieben geeint. Juncker werde dem Europaparlament am Mittwoch in Straßburg Bericht erstatten.
Johnson will Änderungen am Abkommen
Johnson will bis zum EU-Gipfel am 17. Oktober Änderungen am fertigen EU-Austrittsabkommen durchsetzen, was die EU bisher ablehnt. Sollte keine Einigung gelingen, droht Johnson mit einem ungeregelten Brexit am 31. Oktober - und das, obwohl das britische Parlament keinen „No Deal“ will. Ein jüngst verabschiedetes Gesetz verpflichtet den Premierminister, eine weitere Verschiebung zu beantragen, sollte nicht rechtzeitig ein Abkommen ratifiziert sein. Johnson will sich dem nicht beugen.
Auch die Wirtschaft drängt auf einen geordneten Ausstieg. Der europäische Unternehmerverband BusinessEurope warnte für den Fall eines ungeregelten Brexits vor einem Desaster und forderte dringend, ein solches Szenario auszuschließen.
Johnson schrieb in der britischen Zeitung „Telegraph“, er glaube an eine Einigung: „Wenn wir in den nächsten Tagen genug Fortschritte erzielen, werde ich zu diesem entscheidenden Gipfel am 17. Oktober gehen und eine Vereinbarung abschließen, die die Interessen der Wirtschaft und der Bürger auf beiden Seiten des Ärmelkanals und auf beiden Seiten der Grenze in Irland schützt.“ Eine Verschiebung des Brexits lehnte er jedoch erneut ab.
Brüssel wartet auf Vorschläge aus London
Die EU-Seite ist viel skeptischer als Johnson und wartet immer noch auf konkrete Vorschläge aus London. Außenminister Alexander Schallenberger meinte am Montag in Brüssel: „Wenn Premierminister Johnson nicht mit etwas Neuem im Gepäck zum Gespräch und Besuch mit Juncker kommt, dann gibt es ehrlicherweise auf unserer Seite keinen Bedarf mehr, dann wird es einen Hard-Brexit geben. Die Briten müssen uns sagen, was sie brauchen, um das Parlament in London überzeugen zu können.“
Johson lässt PK wegen Brexit-Gegnern ausfallen
Eine geplante Pressekonferenz mit Luxemburgs Regierungschef Xavier Bettel ließ Johnson indes ausfallen. Bettel trat nach einem Treffen mit Johnson am Montagnachmittag alleine vor die Mikrofone, nachdem sich am Ort der Pressekonferenz eine Gruppe lautstarker Brexit-Gegner eingefunden hatte. „Ich glaube, unsere Standpunkte wären da möglicherweise untergegangen“, so der britische Premier.
Bettel äußerte sich darauf alleine an einem der beiden vorbereiteten Pulte vor der britischen, der EU- und der luxemburgischen Flagge. Er zeigte sich empört, dass sechs Wochen vor dem geplanten Brexit auf britischer Seite weiter keine Klarheit herrsche. Er forderte Johnson auf, endlich Vorschläge vorzulegen. „Die Uhr tickt. Nutzen Sie Ihre Zeit weise“, sagte Bettel.
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