Abwärtsspirale stoppen

„Fehlende Fachkräfte sind Wachstumsbremse“

Österreich
21.09.2019 06:01

Die demografisch bedingte „Lücke“ auf dem Arbeitsmarkt beträgt 543.000 Personen. Mit besserer Ausbildung und steigender Produktivität kann man dagegen ankämpfen.

Die Prognosen der Statistik Austria zeigen zwar, dass die Einwohnerzahl in Österreich bis 2050 auf etwa 9,6 Millionen ansteigen wird, doch gleichzeitig sinkt der Anteil der Personen im erwerbsfähigen Alter (15- bis 64-jährig) von 61,6 auf 53,9 Prozent. Das bedeutet, dass nicht genügend Junge nachkommen, um die Arbeitsplätze der Generation 45 bis 54 besetzen zu können.

Diese „Arbeitskräftelücke“ beträgt in Deutschland 13 Prozent, in Österreich aktuell zwölf Prozent der Beschäftigten (4,1 Millionen), hat Wirtschaftsforscher Christian Helmenstein berechnet. „Das sind 543.000 Personen. Das bedeutet, dass jeder neunte Arbeitsplatz deshalb nicht nachbesetzt werden kann.“ Es gibt dabei auch ein qualitatives Problem. Denn die zahlreichen offenen Stellen in Österreich - laut AMS um die 80.000 - können jetzt schon nicht besetzt werden, obwohl wir mehr als 300.000 Arbeitslose haben.

Wirtschaftsforscher Christian Helmenstein (Bild: www.annarauchenberger.com)
Wirtschaftsforscher Christian Helmenstein

„Der Facharbeitermangel ist eine Wachstumsbremse für uns“, seufzt Industrie-Präsident Georg Kapsch, „und eine gefährliche Spirale.“ Denn unsere Betriebe verlieren Wettbewerbsfähigkeit bzw. sind gezwungen, woanders hinzugehen, wenn bei uns das geeignete Personal nicht zu finden ist.

„Selbst in Osteuropa gibt es niemanden“
Dieses Problem lässt sich durch Zuwanderung kaum lösen, weil es die gesuchten Facharbeiter in Europa nirgends mehr gibt. „Die Binnenmigration ist ausgetrocknet, viele sind in die USA und Kanada gegangen, selbst in Osteuropa gibt es niemanden“, so Helmenstein. Kurios, dass z.B. Rumänien IT-Experten die Lohnsteuer erlässt, damit sie im Lande bleiben. Tschechien habe deswegen die niedrigste Arbeitslosenrate in der EU, weil viele Fachkräfte weggezogen sind.

Versuche, über die Rot-Weiß-Rot-Karte die besten Köpfe aus Drittstaaten zu bekommen, greifen nicht so recht. Kapsch: „Es dauert bei uns noch immer bis zu sieben Monate bis zu einer Genehmigung, in der Schweiz acht Wochen.“ Österreich muss sich mehr um qualifizierte Zuwanderer bemühen, denn der internationale Wettbewerb um diese Personengruppe ist hoch.

Georg Kapsch, Präsident der Industriellenvereinigung (Bild: APA/HANS KLAUS TECHT)
Georg Kapsch, Präsident der Industriellenvereinigung

Wie kann man die „Arbeitskräftelücke“ sonst noch reduzieren? Eine Möglichkeit ist die Erhöhung der Produktivität um fünf bis sechs Prozent pro Jahr, hier bietet die Digitalisierung in den nächsten Jahren enorme Chancen. Das bedeutet zwar vereinfacht ausgedrückt, dass weniger Personal die gleiche Arbeit macht. Doch wie erwähnt wird das Potenzial an Arbeitskräften nicht größer.

Ausbildungsoffensive nötig
Doch vor allem braucht man eine Ausbildungsoffensive, um die Qualifikationen zu erhöhen. Mehr IT-Experten, HTL- und Fachhochschulabsolventen, damit nicht noch mehr Jugendliche mangels Qualifikation in der Arbeitslosigkeit landen. „Wir müssen die betriebliche und die überbetriebliche Ausbildung verbessern, teilweise produzieren wir in den Schulen am Bedarf vorbei“, kritisiert Kapsch. Zur Lösung des Problems trägt auch die Industrie bei, indem sie in ihren Lehrwerkstätten nicht nur für den eigenen Bedarf ausbildet.

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