Die ORF-„Pressestunde“ mit ÖVP-Chef Sebastian Kurz hatte am Sonntag Ähnlichkeit mit einer Beweisführung vor Gericht. Denn die ersten Fragen der Journalisten drehten sich um die Fieberschübe von FPÖ-Parteiobmann Norbert Hofer und eine mögliche Weitergabe der Information über dessen Erkrankung durch den Pressesprecher des türkisen Spitzenkandidaten am Rande der ORF-Wahlduelle in der Vorwoche. Wer hat wann was erfahren? Sowohl Kurz als auch ORF-Moderator Hans Bürger, der bei den Duellen dabei gewesen war, „sagten aus“. Für Kurz sind die Vorwürfe absurd. Auch eine Debatte über seine Herkunft scheint ihn eher zu amüsieren.
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hatte kurz vor dem Auftritt des türkisen Spitzenkandidaten im ORF ihre Vorwürfe wiederholt, wonach Kurz beim Gruppenfoto der wahlkämpfenden Politiker seinem Pressesprecher den Auftrag erteilt habe, dieser solle den Gesundheitszustand des FPÖ-Chefs der Presse stecken. Der ÖVP-Chef sieht sich nach der Veröffentlichung der Telefondaten seines Sprechers Johannes Frischmann entlastet, denn zur fraglichen Zeit hatte dieser lediglich die Nummer eines Parteikollegen gewählt. Zudem erfuhr Kurz laut eigenen Angaben erst nach Bekanntgabe der Fieberschübe durch Hofers Pressesprecher Volker Höferl von dem schlechten Gesundheitszustand seines ehemaligen Regierungskollegen.
ORF-Moderator als „Zeuge“
„Was hätte ich davon gehabt, darüber zu informieren, dass der Norbert Hofer Fieber hat? Das ist irgendwie nicht nachvollziehbar“, erklärte Kurz und stellte gleich ORF-Moderator Bürger als „Zeugen“ die Frage, wann er denn von der Erkrankung des blauen Politikers erfahren hatte. Bürger gab zu, dass es schon vor 20 Uhr bekannt war, dass es Hofer nicht gut ginge. Journalisten wussten daher schon darüber Bescheid, „bevor ich es wusste“, so Kurz. Beweisaufnahme abgeschlossen!
Einen weiteren „Skandal“ um seine Person brachte Kurz gleich selbst vor: seine wahre Herkunft, die derzeit in den sozialen Medien diskutiert wird (siehe Tweet unten). In den beiden Ausschnitten - einer aus dem Jahr 2017 und einer aus dem Jahr 2019 - widersprechen sich die Aussagen zu seiner Herkunft. „Was für ein Skandal! Der Sebastian Kurz kommt aus Meidling. Da ist er in die Schule gegangen. Und er kommt ursprünglich aus Niederösterreich, wo die ganze Familie wohnt. Wo wir seit dem 19. Jahrhundert leben. Und der ganz große Skandal ist, ich fühle mich an beiden Orten zu Hause“, gab sich Kurz im ORF äußerst sarkastisch.
Pressesprecher postet „Beweisvideo“
Zudem stimme auch der Vorwurf nicht, wonach er im Jahr 2017 gesagt habe, er käme aus Wien-Meidling. Zum Beweis bat Kurz während der Live-Sendung seinen Pressesprecher, ein Wahlkampfvideo aus dem besagten Jahr auf seiner Facebookseite zu posten. Dieser Bitte wurde auch nachgekommen (siehe Video unten).
„Strafen werden definitiv nicht fällig werden“
Sachpolitisch gab es wenig Neues. Einer CO2-Steuer erteile Kurz eine Absage, setzen will er weiter auf eine Wasserstoff-Offensive als Teil eines Maßnahmen-Mix. Ausgeschlossen wurde vom früheren Regierungschef, dass Österreich wie befürchtet hohe Bußen wegen Verfehlung der Klimaziele wird leisten müssen: „Die Strafen werden definitiv nicht fällig werden.“
In der Frage des Bundesheeres sicherte Kurz zu, dass das Budget vor allem für Geräte-Anschaffung und Stärkung der Miliz steigen werde, das Ziel von einem Prozent des BIP werde aber nicht sofort zu erreichen sein und eine Verlängerung des Präsenzdiensts lehnte er ebenfalls ab. In der Zuwanderungspolitik sprach sich der VP-Chef dafür aus, die kulturelle Identität, die Österreich ausmache, hochzuhalten und auch wehrhaft gegen negative Einflüsse aufzutreten.
Kurz warnt vor „Mehrheit ohne uns“
Auch wenn die Umfragen auf einen Wahlsieg hindeuten, wollte sich Kurz nicht in die Siegerrolle drängen lassen. "Ich glaube, dass es deutlich enger werden wird.“ Zudem warnte der ÖVP-Chef davor, dass es nach dem Urnengang trotz Platz 1 eine „Mehrheit ohne uns“ geben könnte.
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