Vier EU-Staaten einig

Durchbruch bei Verteilung von Bootsflüchtlingen?

Ausland
23.09.2019 19:50

Die Innenminister von Deutschland, Frankreich, Italien und Malta haben sich auf einen vorläufigen Verteilungsmechanismus von Flüchtlingen im zentralen Mittelmeer geeinigt. „Wir haben Regelungen für einen temporären Notfallmechanismus gefunden, die Italien und Malta helfen“, zeigte sich der deutsche Innenminister Horst Seehofer am Montag nach dem Treffen mit seinen Ressortkollegen auf Malta „hochzufrieden“. Auch in Rom freute man sich: „Italien ist ab heute nicht mehr allein. Es besteht der Wille, gemeinsam voranzuschreiten“, erklärte die italienische Innenministerin Luciana Lamorgese.

Raphael Shilhav von der Hilfsorganisation Oxfam bezeichnete die Einigung von Malta als „ersten Moment der Hoffnung auf ein humaneres System seit dem Verfall der europäischen Migrationspolitik im Jahr 2015“. Er sei weiterhin überzeugt, dass ein gemeinsamer europäischer Ansatz „auf Dauer die einzige gangbare Lösung ist“, sagte auch EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos. Er rufe alle Mitgliedsstaaten dazu auf, sich an der vorübergehenden Lösung zu beteiligen.

EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos (Bild: APA/AFP/Frederick Florin)
EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos

Bei den Gesprächen, an denen auch Avramopoulos und die finnische Innenministerin Maria Ohisalo teilnahmen, ging es um eine Grundsatzeinigung dazu, wie Bootsmigranten aus dem zentralen Mittelmeer künftig auf EU-Staaten verteilt werden. Damit soll verhindert werden, dass jedes Mal, wenn ein Schiff Flüchtlinge an Bord nimmt, langwierige Verhandlungen darüber beginnen, welcher Staat sie aufnimmt.

Crewmitglieder des NGO-Schiffs Ocean Viking bei der Rettung von Migranten in einem Schlauchboot (Bild: APA/AFP/Anne CHAON)
Crewmitglieder des NGO-Schiffs Ocean Viking bei der Rettung von Migranten in einem Schlauchboot

Einigung betrifft nur von NGOs gerettete Migranten
Bisher sitzen gerettete Migranten teils wochenlang an Bord ziviler Rettungsschiffe fest, weil die Regierungen in Rom und Valletta den Hilfsorganisationen die Einfahrt in ihre Häfen verbieten. Sie fordern, dass andere EU-Staaten vorher zusagen, ihnen die Migranten abzunehmen. Dann erst sind sie bereit, ihre Häfen zu öffnen.

Die Einigung betrifft jedoch nur Migranten, die im Mittelmeer von NGO- oder Militärschiffen gerettet werden, nicht aber jene Migrantenboote, die Italien oder andere Mittelmeerländer direkt erreichen. Die geltenden Abkommen mit Libyen und die Zusammenarbeit mit der libyschen Küstenwache bleiben in Kraft, erklärte das italienische Innenministerium.

Übernehmen Deutschland und Frankreich je ein Viertel?
Seehofer hatte jüngst angekündigt, Deutschland könne bei einer Übergangslösung ein Viertel der vor Italien Geretteten aufnehmen. Am Montag erklärte er auf Malta, Frankreich könnte ein weiteres Viertel übernehmen. Außerdem hätten Kroatien, Finnland, Irland, Litauen, Luxemburg und Portugal ihre Beteiligung zugesagt.

Seehofer nach dem Treffen mit seinen Ressortkollegen (Bild: AFP)
Seehofer nach dem Treffen mit seinen Ressortkollegen

Entscheidender EU-Innenministergipfel im Oktober
Für eine derartige Zusammenarbeit seien nun „klare Vorgaben für die Verfahren“ und „klare Fristen“ für die Verteilung der Flüchtlinge erarbeitet worden, so Seehofer. Über die genaue Höhe der Verteilungsquoten müsse noch diskutiert werden, weil sie von der Zahl der beteiligten EU-Länder abhänge. Die Frage soll bei einem EU-Innenministertreffen am 8. Oktober abschließend geklärt werden.

Altkanzler Kurz befürchtet neue Flüchtlingswelle
Im Vorfeld des Treffens auf Malta hatte Österreichs Altkanzler Sebastian Kurz vor einer neuen Flüchtlingswelle gewarnt. „Da braut sich was zusammen“, so die Warnung des ÖVP-Chefs.

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