Zum zweiten Mal innerhalb von sechs Monaten ist ein ausgesprochen kindlich wirkender 15-Jähriger am Dienstag am Wiener Landesgericht als Räuber verurteilt worden. Diesmal setzte es 21 Monate Haft, davon sieben Monate unbedingt. Halbwüchsige Freunde des Burschen, die teilweise feixend im Zuschauerraum Platz genommen hatten, lösten einen Polizeieinsatz aus.
Die halbstarken Zuhörer störten zusehends die Verhandlung, indem sie sich beispielsweise gegenseitig mit ihren Smartphones fotografierten. Schließlich verwies sie Richter Norbert Gerstberger des Saales. Als draußen keine Ruhe eintrat und weil sich die Schöffen vor der Gruppe fürchteten, forderte Gerstberger telefonisch polizeiliche Unterstützung an. Kurze Zeit später trafen drei Polizeibeamte ein, die mäßigend auf die vor dem Saal versammelte Horde einwirkten und die minderjährigen, großteils noch unmündigen Jugendlichen am Ende zum Verlassen des Gerichtsgebäudes aufforderten.
Raubüberfall mit Messer
Ebendort war der Angeklagte im vergangenen April zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt worden, weil er mit teilweise noch strafunmündigen Komplizen Jugendlichen unter Androhung von Gewalt Wertsachen abgenommen hatte. Bereits am 8. August verübte er mit einem 13 Jahre alten Freund wieder einen schweren Raub. Die beiden marschierten im Donauplex in Wien-Donaustadt zu einem 15-Jährigen und fragte diesen um Zigaretten und Geld. Als dieser nichts hergeben wollte, packte der 13-Jährige, der altersbedingt noch nicht bestraft werden kann, das Opfer am Hals und zückte ein Messer, um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen.
Der 15-Jährige stand daneben, doch das Opfer konnte sich losreißen. Die Polizei nahm die Täter wenig später fest.
„Kleiner, zarter Angeklagter“
Seine erste Verhandlung hatte der neuerlich Angeklagte noch grinsend und sichtlich gut gelaunt über sich ergehen lassen. „Jetzt ist ihm das Lachen vergangen“, räumte sein Verteidiger Christian Werner unter Verweis auf die mittlerweile sechswöchige U-Haft des 15-Jährigen ein. Auf die Frage des Anwalts, wie groß und schwer er sei, erwiderte der 15-Jährige: „Ein Meter sechzig, 55 Kilo.“ „Das Gericht sieht ohnedies, dass es sich um einen kleinen, zarten Angeklagten handelt“, bemerkte der Vorsitzende des Schöffensenats.
„Mit falschen Freunden unterwegs“
Der Angeklagte bekannte sich zur Beteiligung am schweren Raub schuldig. „Ich glaub‘, ich bin mit den falschen Freunden unterwegs“, meinte der 15-Jährige, der zwölf Geschwister hat. Die Inhaftierung habe ihn überrascht: „Ich wusste nicht, dass es so weit kommen wird.“
Am Ende setzte es für ihn eine teilbedingte Haftstrafe, wobei die offenen sechs Monate aus der Vorverurteilung nicht widerrufen wurden. Die Probezeit wurde auf fünf Jahre verlängert. Zudem ordnete das Gericht Bewährungshilfe an und erteilte dem Serientäter die Weisung, sich einem Anti-Gewalt-Training zu unterziehen. Das Urteil ist rechtskräftig.
Landet er doch nicht hinter Gittern?
Dass der 15-Jährige den unbedingten Strafteil von sieben Monaten tatsächlich im Gefängnis absitzen wird, ist unwahrscheinlich. Möglicherweise kommt er bereits in der kommenden Woche wieder auf freien Fuß. Sein Verteidiger beantragte nämlich einen Strafaufschub, um dem Burschen den Schulbesuch zu ermöglichen. Das Gericht behielt sich die Entscheidung darüber vor. Sollte der 15-Jährige in den kommenden Tagen nachweisen können, dass es für ihn einen Schulplatz gibt, stehen die Chancen gut, dass diesem Antrag stattgegeben wird.
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