Hochexplosive Stimmung

Senator schießt vor Haitis Parlament um sich

Ausland
24.09.2019 17:23

Hochexplosive Stimmung im verarmten Karibikstaat Haiti: Inmitten einer Regierungskrise schoss Senator Jean Marie Ralph Fethiere am Montag vor dem Parlament in der Hauptstadt Port-au-Prince mit einer Pistole um sich. Zwei Menschen erlitten laut Medienberichten Verletzungen. Bei den Opfern handelt es sich um einen Fotografen der US-Nachrichtenagentur AP sowie einen Sicherheitsbeamten des Senats. Ob diese von Fethiere getroffen wurden oder ob noch andere Menschen geschossen hatten, ist noch unklar. Fethiere gab laut der US-Zeitung „Miami Herald“ an, von einer Gruppe Unbekannter angegriffen worden zu sein.

Der Politiker gehört der Regierungspartei PHTK an. Die Opposition blockierte am Montag zusammen mit Demonstranten zum wiederholten Mal eine Abstimmung im Senat zur Bestätigung des kommissarischen Premierministers Fritz William Michel.

Szenen wie aus einem Agentenfilm (Bild: ASSOCIATED PRESS)
Szenen wie aus einem Agentenfilm

Vier Premiers in zweieinhalb Jahren
Staatspräsident Jovenel Moise hatte Michel als Premier nominiert, nachdem dessen Vorgänger Jean Michel Lapin ebenfalls nicht vom Parlament bestätigt worden war. Michel ist bereits der vierte Premierminister unter Moise, der erst seit Februar 2017 Staatschef ist. Gegen seine Regierung fanden am Montag erneut Kundgebungen statt, Demonstranten errichteten Barrikaden aus brennenden Autoreifen.

An seiner Nominierung hatte sich der Volkszorn entfacht: der designierte Premierminister Fritz William Michel (Bild: APA/AFP/CHANDAN KHANNA)
An seiner Nominierung hatte sich der Volkszorn entfacht: der designierte Premierminister Fritz William Michel

Der verletzte Fotojournalist wollte laut Medien am Montag über die Abstimmung zur Bestätigung Michels berichten. Er wurde im Gesicht getroffen und in einem Krankenhaus in Port-au-Prince behandelt. Dort sollen Ärzte am Mittwoch eine Kugel aus seinem Kiefer entfernen. Auch der Sicherheitsbeamte wurde im Spital behandelt.

Dutzende Tote bei Protesten im Februar
Im Februar waren bei Protesten gegen die Regierung Dutzende Menschen ums Leben gekommen. Auch im Juni kam es zu schweren Krawallen. Die Demonstranten fordern den Rücktritt von Präsident Moise. Sie werfen der Regierung vor, Geld aus dem Petrocaribe-Programm veruntreut zu haben, über das Haiti jahrelang Erdöllieferungen aus Venezuela zu günstigen Bedingungen erhalten hatte. Wegen Treibstoffmangels hatten Demonstranten vergangene Woche zeitweise Port-au-Prince lahmgelegt.

Armut, Gewalt, Korruption
Haiti gilt als ärmstes Land der westlichen Hemisphäre. Der Staat mit etwa elf Millionen Einwohnern ist weitgehend von Hilfszahlungen aus dem Ausland abhängig. Neben der grassierenden Korruption ist auch Gewaltkriminalität ein großes Problem. 2010 kostete ein verheerendes Erdbeben mehr als 220.000 Menschen das Leben und verursachte schwere Verwüstungen.

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