Für Salzburgs Ex-Bürgermeister Heinz Schaden und weitere fünf Angeklagte steht nächste Woche im Wiener Justizpalast ein wichtiger Termin an: Der Oberste Gerichtshof (OGH) entscheidet über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen im Salzburger Swap-Prozess. Falls das Urteil in dem Untreue-Verfahren bestätigt und die Strafbemessung gleich bleibt, müsste Schaden eine Gefängnisstrafe verbüßen.
Der Prozess im Jahr 2017 am Landesgericht Salzburg drehte sich um einen Nebenaspekt des im Dezember 2012 aufgeflogenen Salzburger Finanzskandals. Laut Anklage der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) sind im Jahr 2007 sechs negativ bewertete Zinstausch-Geschäfte von der Stadt an das Land Salzburg ohne finanzielle Gegenleistung übertragen worden.
Dem Urteil in erster Instanz vom 28. Juli 2017 zufolge ist dem Land Salzburg ein Schaden von zumindest drei Millionen Euro entstanden. Die Übernahme der Swaps sei aufgrund einer politischen Vereinbarung zwischen dem damaligen SPÖ-Bürgermeister Schaden und dem damaligen SPÖ-Landesfinanzreferenten LHStv. Othmar Raus erfolgt. Die beiden ehemaligen Politiker bestreiten diesen Vorwurf.
Alle insgesamt sieben Angeklagten wurden schuldig gesprochen. Der Stadtchef, der im September 2017 zurücktrat, wurde zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren teilbedingter Haft, davon ein Jahr unbedingt, verurteilt. Raus erhielt zwei Jahre teilbedingt, davon 18 Monate bedingt, ebenso der ehemalige Finanzabteilungsleiter des Landes, Hofrat Eduard Paulus.
Die ehemalige Leiterin des Budgetreferates des Landes, Monika Rathgeber, wurde zu einer Zusatzstrafe (auf eine bereits bestehende, rechtskräftige Verurteilung im Finanzskandal vom 4. Februar 2016) von einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Ein Mitarbeiter im Budgetreferat des Landes erhielt ebenfalls ein Jahr bedingt. Die gleiche Strafe fasste ein ehemaliger Sekretär des Bürgermeisters, der heutige Magistratsdirektor der Stadt Salzburg, aus. Der jetzige Finanzdirektor der Stadt Salzburg, der zum Swap-Übertragungszeitpunkt Mitarbeiter in der städtischen Finanzabteilung war, erhielt wie der Bürgermeister eine Strafe von drei Jahren, ein Jahr davon unbedingt. Rathgeber und ihr Kollege im Budgetreferat wurden wegen Untreue, die anderen wegen Beihilfe zur Untreue verurteilt.
Einzig Monika Rathgeber hatte ein Geständnis abgelegt und das Urteil angenommen. Dieses Urteil ist rechtskräftig. Die sechs Mitangeklagten legten Nichtigkeitsbeschwerden und Berufung gegen die Höhe der Strafen ein. Die WKStA forderte für drei Angeklagte - Schaden, Raus und Paulus - höhere Strafen.
Mit Spannung wird erwartet, welche Entscheidungen der Oberste Gerichtshof bei der öffentlichen Berufungsverhandlung am 1. und 2. Oktober trifft. Der OGH kann Urteile oder Teile davon aufheben und die Causa an das Erstgericht zurückverweisen. Bei Bestätigung der Urteile besteht noch die Möglichkeit, die Strafe herabzusetzen oder zu erhöhen.
Es können auch Freisprüche erfolgen. Die Zeichen dafür stehen schlecht. Die Generalprokuratur - als höchste Staatsanwaltschaft der Republik formal mit der Wahrung des Rechts beschäftigt - hatte im Mai 2019 dem OGH empfohlen, die Schuldsprüche zu bestätigen. Es wurden keine Fehler in der rechtlichen Beurteilung festgestellt.
Der Schöffensenat am Landesgericht Salzburg unter dem Vorsitz von Richterin Anna-Sophia Geisselhofer ging von einem Schaden-Raus-Deal aus. Der Bürgermeister habe die negativen Zinstauschgeschäfte los werden wollen. Die Übernahme durch das Land ohne finanzielle Gegenleistung sei für ihn das ausschlaggebende Argument gewesen, sonst hätte er die Derivate nicht an das Land übertragen müssen, erläuterte die Vorsitzende nach der Urteilsverkündung. Einer Anweisung zur Übernahme der Derivate hätte es nicht bedurft, wenn diese Übertragung nicht mit einem Missbrauch verbunden wäre.
Mehrere Verteidiger sprachen von einem Fehlurteil und kritisierten, dass offene Fragen aus dem Verfahren nicht beantwortet wurden. Falls die Urteile und die Strafen bestätigt werden, besteht für Schaden und weitere Angeklagte theoretisch die Option, den unbedingten Strafanteil im elektronischen Hausarrest zu verbüßen.
Schaden könnte auch seine Politiker-Pension verlieren. Seine ASVG-Pension würde von einer Verurteilung aber unberührt bleiben. Allerdings hat die Stadt Salzburg beschlossen, dass sowohl der Ex-Bürgermeister als auch die beiden Spitzenbeamten der Stadt die angefallenen Anwalts- und Verfahrenskosten zurückbezahlen müssen, wenn die Urteile rechtskräftig werden. Die anwaltliche Vertretung von Schaden und der beiden Beamten hat bis zum Juni 2018 mehr als 1,3 Millionen Euro gekostet.
Eine Bestätigung des Urteils hätte womöglich weitere juristische Konsequenzen: Das Land hat bereits während der Ermittlungen eine zivilrechtliche Schadenersatzklage in der Höhe von rund 4,8 Millionen Euro gegen die Stadt eingebracht - laut Anklage der WKStA sei durch den Swap-„Deal“ dem Land ein Schaden von rund 4,9 Millionen Euro entstanden. Die Schadensersatzklage war während des Prozesses ruhend gestellt worden. Ob und wann die Klage weiterverfolgt wird, ist noch unklar.
Ex-Bürgermeister Schaden hofft nun auf das Höchstgericht. „Keiner der Betroffenen hat aus der Übertragung der Swaps persönlich profitiert, wir waren alle überzeugt, das Richtige zu tun. Deshalb hoffe ich nun sehr, dass dies der OGH bei seiner Beurteilung auch berücksichtigen wird“, hatte er gegenüber der APA erklärt. Damals habe er nicht daran gedacht, dass das Land oder die Stadt geschädigt werde, da sei kein krimineller Vorsatz dahinter gestanden, sagte Schaden. Es sei der Wunsch da gewesen, ein Problem zu lösen, und er sei auch davon ausgegangen, dass die Übertragung der Derivate von Nutzen wäre, sonst hätte das Land „niemals zugestimmt“.
Rathgeber gestand im Prozess Fehler ein, rechtfertigte diese aber damit, dass sie eine politische Weisung zur Übertragung der Swaps befolgt habe und das Land vor einem größeren Schaden bewahren wollte. Sie habe die Weisung von ihrem damaligen Vorgesetzten Paulus erhalten, der wiederum im Auftrag von Raus urgiert habe.
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