Die kalte Progression - ein Begriff, der im politischen Diskurs zuletzt wieder häufig zu hören ist. Die Agenda Austria fordert bereits seit mehreren Jahren das Ende dieser steuerlichen Mehrbelastung. Um vor der Wahl Klarheit zu schaffen, hat die Denkfabrik nun ein Video veröffentlicht. In diesem wird der Begriff „kalte Progression“ anhand von Lisa, einer fiktiven Steuerzahlerin, erklärt.
Die kalte Progression, auch „Steuer auf die Inflation“ genannt, beschreibt die unterschiedlichen Einkommenssteuertarife in Österreich. Je nach Höhe des Jahreseinkommens werden die Steuerzahler in unterschiedliche Tarifstufen eingeteilt. Wer mehr verdient, zahlt demnach auch relativ mehr Steuer.
Versteckte Steuererhöhung
Diese Tarifstufen werden jedoch nicht an die Inflation angepasst, also die steigenden Lebenshaltungskosten. Sehr wohl ist es aber üblich, dass die kollektivvertraglich verhandelten Bruttolöhne von Arbeitern, Angestellten, Beamten und Pensionisten mit den Preisen steigen. Höhere Löhne und steigende Preise sowie gleichzeitig starre Tarifstufen sorgen dafür, dass die Steuerbelastung zunimmt - selbst wenn die Menschen real gar nicht mehr verdienen. Die kalte Progression ist daher eine versteckte Steuererhöhung, die automatisch entsteht, wenn das Steuersystem nicht an steigende Preise angepasst wird - und nicht etwa nur durch das „Rutschen“ in eine höhere Tarifstufe, wie oft behauptet.
Beispiel Lisa: Fünf Prozent mehr Lohn, aber 15 Prozent mehr Steuern
Anhand von Lisa wird das System im Video erklärt: Sie hat im Jahr 2016 30.000 Euro brutto im Jahr verdient und zu diesem Zeitpunkt 2528 Euro an Lohnsteuer gezahlt. Wird ihr Verdienst laufend um die Inflation angehoben, bekommt sie heuer zwar um rund fünf Prozent mehr Lohn, zahlt aber um 15 Prozent höhere Steuern: 2913 Euro. Würde die kalte Progression abgeschafft werden, müsste die Arbeitnehmerin ebenfalls nur um fünf Prozent mehr Lohnsteuer zahlen, also rund 2656 Euro.
8,5 Milliarden Euro bis 2022
Die kalte Progression wird ausgehend von der Steuerreform 2016 bis zum Ende des heurigen Jahres bereits rund 2,1 Milliarden Euro zusätzliches Steuergeld in die Kassen gespült haben - bezahlt von allen Arbeitnehmern und Pensionisten. Über die gesamte Legislaturperiode bis 2022 werden es 8,5 Milliarden Euro sein. Für die Agenda Austria stellen diese enormen Mehreinnahmen einen Spielraum des Finanzministers und der Bundesregierung dar, um alle paar Jahre eine Steuerreform als soziale Wohltat zu vermarkten.
Modelle anderer europäischer Länder
In der Schweiz werden die meisten Tarife und Steuerabzüge jedes Jahr automatisch an die Inflation angepasst. Das Steuersystem wird also sozusagen „auf Räder gestellt“. Würde man in Österreich die Tarifstufen und alle Absetz- und Freibeträge an die Inflation anpassen, wäre die kalte Progression gänzlich ausgemerzt. Schweden geht noch einen Schritt weiter: Dort ändert sich das Steuersystem nicht nur gemäß der Inflation, auch die Reallohnentwicklung wird berücksichtigt. So wird nicht nur die kalte Progression eliminiert, sondern auch die Steuerbelastung gemessen am Einkommen konstant gehalten.
Ob die kalte Progression in der neuen Legislaturperiode abgeschafft wird, ist noch offen. Erst am Donnerstag haben in der Elefantenrunde des ORF jedoch alle Parteien in einer Fragerunde für eine Abschaffung gestimmt.
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