Welche skurrilen Nebeneffekte es haben kann, wenn ein Staat seine Bürger per Gesichtserkennung überwacht und das Gesicht auch gleich zu einer Art Ausweis macht, hat eine Chinesin am eigenen Leib erfahren. Nach einer Nasen-OP wurde sie von der omnipräsenten Gesichtserkennung nicht mehr erkannt - und konnte nicht mehr mit dem Zug fahren oder online bezahlen.
Das berichtet die „South China Morning Post“, die mit der 21-jährigen Huan Huan aus Wenzhou und ihrem Schönheitschirurgen gesprochen hat. Chirurg Xu Shuqing: „Die Gesichtserkennung konnte sie nicht erkennen, weil viele Schlüsselparameter verändert wurden.“ Huan macht die Technik nicht für die Probleme verantwortlich und fügt hinzu, selbst ihre Mutter habe sie nach der Nasen-OP nicht gleich erkannt.
Probleme im Job, im Zug und beim Shopping
Nichtsdestotrotz hatte es die junge Chinesin nach ihrer Nasen-OP schwer im Alltag, weil sie zuvor bei vielen Firmen und Institutionen ihr Gesicht als Identifikationsmerkmal hinterlegt hatte. Sie konnte nicht mehr per Gesichtserkennung an ihrem Arbeitsplatz einstempeln, konnte nicht mehr mit dem Schnellzug fahren und hatte auch beim Online-Shopping Probleme, als die Zahlungs-App beim Kontroll-Scan ihr Gesicht nicht mehr erkannte.
Letzten Endes wandte sich die Frau an die Behörden, um ihr Gesicht in den staatlichen Datenbanken aktualisieren zu lassen. Doch auch damit war es nicht getan: Manche Unternehmen in China haben ihre eigenen Gesichts-Datenbanken. Kunden, deren Aussehen sich verändert - etwa wegen einer Schönheits-OP oder auch nach einem Unfall - müssen ihr neues Äußeres also mitunter beim Staat und privaten Firmen gleichermaßen melden.
Gesichtserkennung ist mitnichten unfehlbar
Ein Problem, das angesichts wachsender Beliebtheit von Schönheits-OPs in China künftig immer mehr Menschen betreffen dürfte. Schon jetzt kommt es immer wieder zu Komplikationen: Erst vor einigen Monaten machte der Fall einer Frau Schlagzeilen, die in der Provinz Xinjiang einen Strafzettel bezahlen wollte, aber von der Polizei weggeschickt wurde, weil ihr Gesicht nicht mit dem in der Polizeidatenbank hinterlegten übereinstimmte.
Generell hat Gesichtserkennung trotz aller technologischen Fortschritte noch ihre Schwächen. Bei Tests in London, wo ebenfalls ein Echtzeit-Gesichtserkennungssystem für die Polizei im Einsatz ist, kam laut einem „Golem“-Bericht heraus, dass Gesichter in 80 Prozent der Fälle falsch erkannt wurden. Das könne schnell zu „Justizirrtümern und unrechtmäßigen Verhaftungen“ führen, kritisierten Parlamentsabgeordnete.
In Österreich hat das Bundeskriminalamt unter Ex-FPÖ-Innenminister Herbert Kickl die Beschaffung von Gesichtserkennungs-Software beschlossen. Laut einer parlamentarischen Anfrage der NEOS an den amtierenden Innenminister Wolfgang Peschorn soll das Ministerium fast 450.000 Euro für die Software hingeblättert haben.
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