Die kleine oberösterreichische Stadt war ohnehin im Ausnahmezustand – bereit für 100.000 Fans, die rocken wollen, "For Those About To Rock". Wer selbst nicht in Richtung Flugplatz pilgerte, nutzte die Gunst der rockigen Stunden als willkommene Einnahmequelle. Anrainer verwandelten ihre Gärten in "Snackbars", der größte Würstelstand der Stadt rüstete sich mit 6.000 Debrezinern, Käsekrainern & Co. für den Ansturm, und Tankstellen vermieteten ihre Dächer, um den Blick auf AC/DC aus der Vogelperspektive zu gewähren.
Hitgewitter und echter Regen
Apropos Vögel: Die brütenden Brachvögel, die fast die Notbremse des "Rock'n'Roll Trains" gezogen hätten, hielten sich von den Horden fern. Auch die T-Shirts des Welser Tourismusverbands mit der ironischen Aufschrift "Wir sind gut zu Vögeln" verwandelten sie nicht in "Rock-Chicks". Der Himmel stellte sich ebenso auf das Hitgewitter ein und ließ es passend zu "Thunderstruck" auf die Rock-Jünger regnen und das Gelände im Schlamm versinken.
Doch echte Männer sind nicht aus Zucker – und gerade bei einem AC/DC-Konzert ist der Testosteron-Gehalt besonders hoch. Brave Geschäftsmänner tauschen ihre Krawatten gegen rot-blinkende Teufelshörner, stolz werden AC/DC-Tätowierungen zur Schau gestellt, auch wenn sie an nicht jugendfreien Körperstellen prangen – und nur bei Angus Young & Co. tut man der Männlichkeit keinen Abbruch, wenn man in samtener Schuluniform und kurzen Hosen erscheint.
Alle großen Erfolge gespielt
Alle höllischen Anstrengungen im Vorfeld waren sofort vergessen, als endlich der "Rock'n'Roll Train" mit Angus Young und Brian Johnson als animierten Heizer und Lokführer in Wels einfuhr. Die beiden geben für die nächsten zwei Stunden den Takt an und feuern das gewohnt lautstarke Hitfeuerwerk in die Nacht hinaus: "You Shook Me All Night Long", "Back In Black", "T.N.T.", "Let There Be Rock" u. v. m.
Die Bandkollegen Malcolm Young, Cliff Williams und Phil Rudd halten sich, wie gewohnt, im Hintergrund und überlassen das Rampenlicht den ewig jungen Höllenjungen: Brian Johnson turnt wie eh und je an den "Hells Bells" und schäkert mit Vollweib "Whole Lotta Rosie", Angus Young watschelt im Entengang, reckt die Fingerchen zu Teufelshörnern und lässt schließlich zu "The Jack" alle Hüllen bis zur AC/DC-Unterhose fallen. Alles so, wie es die Fans kennen und lieben. Nach zwei Stunden knallen Kanonensalven zu "For Those About To Rock" über die Stadt Wels, die in dieser Nacht keine Sperrstunde kennt. Was für eine geniale Höllenfahrt!
von Franziska Trost, Kronen Zeitung
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