Nach ihrer Selbstbefreiung aus achtjähriger Gefangenschaft wurde Natascha Kampusch erneut zum Opfer von Gewalt - in Form von Hass im Netz. Über ihre Erfahrungen mit Cybermobbing hat die 31-Jährige nun ein Buch geschrieben. Sie rechnet in ihrem dritten Werk „Cyberneider“ reflektiert mit ihren Angreifern ab. Wie sie gelernt hat, mit ungerechtfertigter und oft untergriffiger Kritik im Netz umzugehen, und warum Frauen öfter das Ziel solcher Attacken sind, verrät sie im Gespräch mit krone.tv.
Natascha Kampusch hat einige Erfahrungen mit Hasspostern gemacht - sie wurde in der Vergangenheit als das erste prominente Opfer von Cybermobbing in Österreich bezeichnet. Mittlerweile hat sie gelernt, mit den Attacken, die meist anonym im Netz passieren, umzugehen. Ihre eigenen schmerzhaften Erfahrungen mit Hatern haben sie zu ihrem neuesten Buch inspiriert.
Ihr Werk richtet sich aber keineswegs nur an Opfer von Gewalt im Internet, sondern auch an Täter, betont die Autorin: „Das Buch führt den Leuten ganz genau vor Augen, was für Auswirkungen das Ganze haben kann.“ Sie führt als Beispiel den tragischen Fall von Amanda Todd an. Ein Cybermobber trieb die 15-jährige Kanadierin vor einigen Jahren zum Selbstmord - der Täter wurde schließlich zu zehn Jahren Haft wegen Erpressung und sexueller Nötigung Dutzender Mädchen verurteilt.
Schockiert, „dass Menschen so böse denken können“
Die ersten Hasskommentare über ihre Person hätten Kampusch schockiert, erzählt sie. „Man hat mich lange davor beschützt“, so die 31-Jährige. „Als ich dann die ersten gelesen habe, habe ich mir gedacht, das gibt es doch nicht, dass Menschen so böse denken können. Das nimmt einen dann schon mit.“
Die Autorin benutzt selbst gerne Instagram, Facebook und Twitter - auf letztgenannter Plattform lasse der Umgangston jedoch oft zu wünschen übrig. „Auf Facebook ist es wiederum erlaubt, seltsame Gruppen zu gründen, die ebenfalls den Mobbern als Instrument dienen, um Leute fertigzumachen“, berichtet Kampusch. Auch zu ihrer Entführung habe es solche Scherzgruppen gegeben, die sie besonders verletzend gefunden habe. Das habe unter anderem dazu geführt, dass sie Facebook eine Zeit lang den Rücken gekehrt habe.
Auch Schüler häufig von Cybermobbing betroffen
Oft würden Frauen zum Ziel solcher Attacken. „Frauen wird noch immer der Platz am Herd zugesprochen, die sollen sich nicht so hervortun“, sei der Tenor. Weibliche Karrieren würden bei manchen Männern noch immer Neid hervorrufen: „Dann ist man schon eine leichte Angriffsfläche. Dann ist es egal, ob man die falsche Hautfarbe hat, ob man jung oder alt ist. Es gibt immer einen Grund für diese Mobber, damit sie sich berechtigt fühlen, Kritik zu üben.“ Dieses Problem könne nicht nur Prominente treffen, „in Wahrheit sind es auch oft Schüler“, erklärt Kampusch.
Sie denkt, dass sich die Täter auf diese Weise eine Machtposition verschaffen wollen. „Sie fühlen sich auch verstanden von anderen Hasspostern - und das ist das Problem.“ Mit ihren eigenen Kritikern habe sie sich ebenfalls viel auseinandergesetzt: Sie denkt, dass es ihnen an Vorstellungsvermögen oder Empathie fehlen muss, dass sie sich ein Enführungsopfer als Ziel für ihre Attacken aussuchen. Es könne auch Neid um die Aufmerksamkeit sein, die sie bekommt, was die Angreifer antreibt. „Aber das darf nie eine Ausrede für den Täter sein“, stellt sie klar, auch wenn es sich dabei selbst um Gewaltopfer handle.
Autorin ruft auch soziale Medien zum Handeln auf
Eine Registrierungspflicht auf Onlineplattformen wäre der Ansatz einer Lösung, die Anonymität bleibe allerdings zum Teil auch mit Klarnamen bewahrt. Strafen seien ihrer Meinung nach aber vermutlich die bessere Abschreckung. Auch soziale Medien selbst seien gefordert: Die Richtlinien sollten den Usern öfters in Erinnerung gerufen werden. Täter sollten außerdem früher gesperrt werden als das aktuell der Fall ist.
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