Primärversorgungseinheiten (auch als Gesundheitszentren bezeichnet), Facharztzentren, Gruppenpraxen: Worin besteht der Unterschied zwischen diesen Institutionen steirischer Gesundheitsversorgung, welche Aufgaben haben sie, und sind weitere Standorte geplant? Ärztekammer-Präsident Herwig Lindner klärt auf.
Was sind Primärversorgungseinheiten bzw. Gesundheitszentren, und wie unterscheiden sie sich von den „normalen“ Arztpraxen?
„Primärversorgung ist seit jeher Kernaufgabe der Hausärzte, die mit Partnern in Pflege, Physiotherapie oder Sozialhilfe in den Regionen zusammenarbeiten“, so Präsident Lindner. Im Prinzip sind Primärversorgungszentren allgemeinmedizinische Gruppenpraxen, in denen zusätzlich andere Gesundheitsberufe fix mitarbeiten.
Wo gibt es die neuesten Primärversorgungszentren, und wie viele existieren insgesamt in der Steiermark?
Bis Ende 2018 gab es zwei „echte“ Primärversorgungszentren und drei weitere, die im Sinne der Primärversorgung arbeiten. Mit den Einheiten in Graz-Gries und Gratwein-Straßengel sind jetzt zwei neue dazu gekommen. Wobei sie sehr unterschiedlich sind: Gratwein-Straßengel ist die Weiterentwicklung einer der ersten Gruppenpraxen in der Steiermark, Graz-Gries ersetzt hingegen zwei Einzelpraxen.
Gibt es Pläne für neue Primärversorgungszentren oder Gruppenpraxen?
Ja, es gibt an mehreren Orten Bestrebungen von Ärzten, in unterschiedlicher Art und Weise erweiterte Primärversorgungseinrichtungen zu schaffen. Beispiele sind etwa Mureck oder Fehring. Bis 2021 sollen es insgesamt elf sein.
Sind Gruppenpraxen die Lösung für Ärztemangel in den Regionen?
Die Teilung von Kassenstellen (sprich Jobsharing), Gruppenpraxen, Anstellung von Ärzten in Praxen: „Es braucht die Vielfalt der Möglichkeiten“, betont Lindner. „Sogar viele Planer haben erkannt, dass sich Versorgung nicht am Grünen Tisch erfinden lässt, sondern es das Engagement der Beteiligten braucht.“
Was sind eigentlich die sogenannten Facharztzentren?
Derzeit gibt es ein von der KAGes betriebenes Facharztzentrum anstelle des LKH in Hörgas. „Facharztzentren können eine Bereicherung der Versorgung sein. Aber bisher fehlen eindeutige Vorstellungen, wie diese aussehen und was sie leisten sollen“, so Lindner.
Wie viele ärztliche Kassenstellen fehlen derzeit in der Steiermark, und wie wird es 2020 aussehen?
Derzeit sind rund 20 Kassenstellen nicht besetzt, darunter auch fachärztliche Stellen und solche in größeren Städten. Laut Lindner muss also von einem Kassenärztemangel gesprochen werden, nicht nur von einem Hausärzte- oder Landärztemangel. „Aber es gibt noch ein Problem: Die Bevölkerung wächst, die Zahl der Kassenstellen bleibt gleich oder schrumpft sogar. Man braucht mehr haus- und fachärztliche Stellen, um die überfüllten Spitalsambulanzen zu entlasten. Und man muss jungen Ärzten mit Abwanderungstendenzen attraktive Kassenverträge anbieten.“
Können freiwillige Kooperationen von Ärzten in einer Region dem Mangel an Bereitschaftsärzten an den Wochenenden entgegenwirken?
An jedem Wochenende haben um die 100 Arztpraxen in der Steiermark ganz normal geöffnet. Der Bereitschaftsdienst ist eine Ergänzung. „Die Telefonate am Gesundheitstelefon 1450 dauern aber noch zu lange, und die Ergebnisse sind nicht immer optimal. Hier besteht noch Handlungsbedarf“, kritisiert Lindner.
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