Der Einstieg des international renommierten Wirtschaftsexperten Robert Holzmann, 70, als Gouverneur der heimischen Notenbank verlief turbulent. Wieso hat er die Personalchefin im Alleingang gefeuert und weitere zwei leitende Mitarbeiter de facto in Pension schicken wollen? Holzmann in seinem ersten ganz persönlichen Interview nach der Anfangs-Aufregung nach wie vor völlig unaufgeregt: „Ich kann Kündigungen allein aussprechen.“
Ja, aber warum wurden nicht auch alle Direktoren vorher informiert? „Ich wollte die anderen nicht hineinziehen. Jetzt wird die Sache geprüft, und dann wird es eine Entscheidung geben. Ich bin ja nicht als Frühstücksdirektor nach Österreich gekommen, ich habe international viel aufgegeben, um hier diese Institution voranzubringen. Im Konsens mit den erstklassigen Mitarbeitern. Aber wenn es um den Ruf des Hauses geht, dann gibt es manchmal keine Alternative.“
„Ich war nie bei einer Partei“
Manche haben Ihr Vorgehen als politisch „blaue Auftragsarbeit“ kritisiert, war das so? Holzmann lächelt: „Ich war nie bei einer Partei. Ich wurde von der FPÖ vorgeschlagen, von der Regierung mit den Stimmen der ÖVP gewählt und vom grünen Bundespräsidenten ernannt. Ich habe meine lange internationale Karriere bei der Weltbank und dem Währungsfonds keinem Parteibuch zu verdanken, und ich möchte auch bei der Nationalbank den politischen Einfluss reduzieren. Ich will, dass man hier einen Job bekommen kann, ohne über einen Onkel, eine Tante etc. im Netzwerk zu verfügen. Dass man befördert werden kann, ohne einer Partei beitreten zu müssen. Wir haben hier ausgezeichnete Mitarbeiter, die wir weiterentwickeln wollen.“
Kritik an EZB-Nullzinspolitik
Apropos Zukunft: Wohin soll die Nationalbank gesteuert werden? Holzmann: „Es ist bekannt, dass ich bei der Nullzinspolitik der EZB manches kritisch sehe, diese Position werde ich in diesem Gremium auch entsprechend vertreten. Diese Politik des lockeren Geldes führt zu weniger Wachstum und zu geringerer Produktivität.“ Ähnlich distanziert betrachtet Holzmann auch die üppigen Ankäufe von Staatsanleihen während der Ära Draghi. Vor Auseinandersetzungen scheut er sich nicht: Als Wissenschaftler ist er unbestritten, er hat unter anderem in Korea ein Pensionssystem einzuführen geholfen, das heute zu den besten der Welt gehört, er hat in vielen Ländern unterrichtet (unter anderem sogar in Malaysia), und in Kürze wird er in den USA sein 39. (!) Buch vorstellen. Wieder zum Thema Pensionen.
Start als Van-der-Bellen-Assistent
Seine Karriere, an deren Anfang er Assistent bei einem gewissen Professor Van der Bellen war (dem heutigen Bundespräsidenten), führte ihn in die Champions League der Ökonomen, wo er sich auch sichtlich wohlfühlt. Gerade deshalb ist ihm die Finanzbildung der Bevölkerung so wichtig geworden.
Georg Wailand, Kronen Zeitung
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