Er fand seine Opfer nachts in Wien; schlug sie fast tot. Am Dienstag beginnt der Prozess gegen den mutmaßlichen „Eisenstangen-Täter“. In der „Krone“ spricht nun seine Frau, die Mutter seiner Kinder. „Ich weiß jetzt“, sagt sie, „dass ich meinen Mann nie gekannt habe.“
Die Frau, die nun im Innenhof eines Gemeindebaus sitzt und ihrem Sohn zusieht, wie er mit einem Dreirad kleine Runden dreht, wirkt, obwohl sie lächelt, traurig. „Gut machst du das“, ruft sie dem Buben mit brüchiger Stimme zu, „aber fahr ein bisschen langsamer.“ Ein Mädchen setzt sich neben die 43-Jährige; ihre Tochter. Sie ist gerade von der Schule heimgekommen, hält einen Zettel in den Händen: „Schau, Mami, ich habe beim Englisch-Test einen Einser bekommen.“
„Meine Kinder“, sagt die Mutter, „geben mir so viel Kraft. Und darum kann auch ich für sie stark sein.“ Ja, ihre Kleinen wissen, „was ihr Vater verbrochen hat“; nein, „sie wollen nichts mehr mit ihm zu tun haben, genauso wenig wie ich. Denn er ist eine Bestie.“
Extreme Gefährlichkeit
Er - Werner B (42). Jener Mann, der Ende 2018 in Wien zwei Frauen überfallen, mit einem Maurerhammer und einer Eisenstange fast totgeschlagen hat. Kriminalbeamte halten ihn für einen potenziellen Serienkiller, Gerichtspsychiater Peter Hofmann attestiert ihm eine hochgradige geistige Abnormität, einhergehend mit extremer Gefährlichkeit. „Warum“, fragt die Frau des Angeklagten, und Tränen laufen aus ihren Augen, „habe ich nie von diesem bösen Teil in ihm etwas geahnt?“
Werner B., er war der erste, er blieb der einzige Mann, mit dem sie jemals eine Partnerschaft hatte. Jung, sehr jung, hätten sie und er einander kennengelernt; bei der Arbeit, in einer Verpackungsfirma: „Zuerst waren wir nur Freunde, irgendwann verliebten wir uns ineinander.“ Das gemeinsame Dasein, „zunächst war es schön. In unserer Freizeit unternahmen wir Ausflüge ins Grüne, oder wir sahen fern.“ Gespräche, tiefergehende Gespräche, über Träume und Ziele, „führten wir nie. Wozu auch? Schließlich ist uns beiden klar gewesen, dass unsere Möglichkeiten nicht groß sein würden.“
„Wir führten eine harmonische Beziehung“
Bereits in der Schule hatten die beiden als unterdurchschnittlich intelligent gegolten, „und anfangs fiel es uns schwer, in unserem Leben Ordnung zu halten. Beruflich Fuß zu fassen, den Haushalt gut zu versorgen, Rechnungen pünktlich zu bezahlen.“ Aber mit steigendem Alter sei „alles besser“ geworden, „wir fanden fixe Jobs und hatten eine gemütliche Wohnung, wir machten Fortbildungskurse, und manchmal gingen wir in eine Pizzeria essen. Wirklich, wir führten eine harmonische Beziehung.“ In der es „kaum Streits gab“ und „Sexualität eine eher untergeordnete Rolle spielte“. Nie habe sich ihr Mann ihr gegenüber aggressiv verhalten: „Im Gegenteil, er behandelte mich stets sehr liebevoll.“
Schon, „Werner schaffte es manchmal nicht, verantwortungsvoll zu handeln; er gab mehr Geld aus, als er verdiente“, beging in der Folge Einbruchsdiebstähle, kam deswegen wiederholt in Haft: „Immer wieder verzieh ich ihm. Weil er mir nach jedem Gefängnisaufenthalt versicherte, er würde sich bessern.“ Auch nach seiner letzten Entlassung, 2018, war das so: „Doch ich merkte damals schnell, dass wir nicht mehr unter einem Dach leben sollten. Werner war plötzlich so rastlos geworden. Ich spürte, dass er unsere Kinder nervös machte.“
„Habe ihn nie richtig gekannt“
Also zog B. in eine WG - und besuchte weiterhin oft seine Familie. Sogar an den Tagen vor und nach seinen Verbrechen. „Er schien völlig unbeschwert. Das ist auch etwas, womit ich nicht zurechtkomme“, schluchzt die Frau: „Weil mir dadurch noch deutlicher wird, dass ich ihn nie richtig gekannt habe.“ Zu dem Prozess gegen ihren Mann ist sie als Zeugin geladen: „Danach will ich ihn nie wieder sehen.“
Tickende Zeitbombe
Trotz seiner Vorstrafen wegen - insgesamt acht - Einbruchsdiebstählen: Werner B. führte bis zu seinen Blutverbrechen ein nach außen hin eher unauffälliges Leben; er hatte nie eine andere Partnerin als seine Frau, nahm keine Drogen, trank keinen Alkohol, fiel nie durch Gewaltdelikte auf, in seinem Umfeld galt er als freundlich, umgänglich.
Gerichtspsychiater Peter Hofmann geht davon aus, dass der Mann ein enormes Aggressionspotenzial in sich trägt, auch in sexueller Hinsicht. Der Gutachter erklärt den Verdächtigen zwar für zurechnungsfähig - aber für hochgradig seelisch krank. Seine Störung soll bereits in der Kindheit, nach einer Hirnhautentzündung, entstanden sein.
Mit Eisenstange Schädel zertrümmert
„Meine Frau wollte nur selten mit mir schlafen, darum war ich auf der Suche nach Sex-Partnerinnen“, so Werner B. einst in Verhören. Monate hindurch sei er deshalb beinahe jede Nacht mit seinem Fahrrad in Wien unterwegs gewesen,„um Kontakte zu knüpfen“. In den Morgenstunden des 30. Dezember seine erste grauenhafte Tat, auf der Margaretenstraße: Mit einer Eisenstange zertrümmerte er einer Studentin den Schädel; und er versuchte, sich an ihr zu vergehen. Danach alarmierte er die Polizei, gab sich als Retter aus: „Ich habe eine Schwerverletzte gefunden.“ Im Gefühl, allmächtig zu sein, überfiel er 20 Stunden später am Karlsplatz eine weitere Frau: „Sie schaute so blöd“, darum habe er sie mit einem Maurerhammer „niedergehaut“.
Lebenslange Haftstrafe droht
Die Staatsanwaltschaft hat Werner B. wegen zweifachen versuchten Mordes angeklagt, ihm droht damit eine lebenslange Haftstrafe. Zusätzlich wurde seine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher beantragt. Die Anwälte des Angeklagten, Astrid Wagner und Wolfgang Blaschitz, sagen: „Unser Klient versteht sich selbst nicht, er bereut seine Taten zutiefst.“
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