Was genau ist in Andreas E. vorgegangen, als er seine Ex-Freundin, ihren angeblichen neuen Freund und ihre Familie ermordet hat? Fest steht, dass Nadine H. und Andreas E. davor fünf Jahre in einer Beziehung waren, nächstes Jahr wäre die Hochzeit geplant gewesen. Sigrun Roßmanith ist Gerichtspsychiaterin und hat Erfahrung mit den Gefühlswelten solcher Gewalttäter. Im krone.at-Talk mit Gerhard Koller erklärt sie, wie Eifersucht zu Mord führen kann. Das ganze Interview sehen Sie im Video oben.
„Wenn man sich nicht trennen will, kann das Angst und gleichzeitig auch Wut in einem auslösen. Wenn man dann auch noch damit konfrontiert wird, dass man ersetzt wurde, ist das ein ‚Knock-out‘ für den Selbstwert“, versucht Roßmanith die Gefühlswelt des Tatverdächtigen zu erklären.
Zurückweisung war für Täter „Stich ins Herz“
Die Tat selbst sei zudem nur „die Spitze des Eisbergs“ gewesen. Die Gerichtspsychiaterin schließt aus, dass allein das Treffen in einem bekannten Kitzbüheler Lokal am Abend vor der Tat ausschlaggebend für das Vorgehen von Andreas E. war: „Es hat in den Wochen und Monaten davor sicher einiges gegeben, das den Betroffenen geärgert und wütend gemacht hat.“ Nach einigen letzten Aussprachen dürfte der letzte Funken Hoffnung für eine Rettung der Beziehung bei Andreas E. erloschen sein. Die vermutlich immer heftigere Zurückweisung durch seine große Liebe Nadine H. habe ihm einen „Stich ins Herz“ gegeben.
„Welt zusammengebrochen“
Zeugen hätten den Tatverdächtigen noch in der Nacht vor besagtem Lokal „wie ein Häufchen Elend“ weinend auf der Straße sitzen gesehen. Warum jemand danach zur Waffe greift, ist auch für Roßmanith schwer zu erklären: „Für ihn ist eine Welt zusammengebrochen. Täter von Amokläufen oder ähnlichen Beziehungstaten weisen ähnliche Muster auf. Oft ist der Tatort gleichzeitig der ‚Kränkungsort‘. Bei der Tat selbst fließt dann alles aus dem Täter heraus.“
Mord für viele Täter „Genugtuung“
Die Mutter des Tatverdächtigen behauptete gegenüber einem ausländischen Medium, er habe neben den fünf Opfern auch sich selbst seelisch umgebracht. Nach den Erfahrungen mit anderen Tätern tut sich laut der Psychiaterin aber auch Genugtuung in solchen Menschen, die aus Eifersucht morden, auf: „Viele denken sich: ‚Jetzt kann sie mir keiner mehr wegnehmen.‘“ Dadurch bleibe ein Täter aber sein Leben lang an das Opfer gebunden.
Eifersucht hat auch mit „Besitzergreifen“ zu tun
Im Fall von Andreas E. und Nadine H., die in sehr jungen Jahren zusammengekommen sind, spricht Roßmanith auch von einem „Besitzergreifen“ gegenüber der anderen Person. So habe Andreas E. sich seine Ex-Freundin nach seinem eigenen Vorbild erschaffen. „Aber wehe, wenn diejenige Person dann erwachsen wird und aus der bestehenden Form ausbricht. Dann kann es zu einer Katastrophe kommen“, versucht die Therapeutin die Eifersucht des Tatverdächtigen zu beschreiben. „Menschen, die lieben und in Beziehungen sind, müssen lernen, den anderen in Freiheit zu lieben und zu respektieren. Das ist eine Kunst im Leben.“
Erstaunlich findet Roßmanith, dass die gleichen Handlungen aus Liebe wie auch aus Hass begangen werden: „Man könnte sich hier fragen: Was heißt Liebe? Ist Liebe etwas, wo ich den anderen besitzen muss? Und wo beginnt dann die Gewalttätigkeit?“
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