Comic-Verfilmung

„Joker“: Mit einem lauten Lachen in den Wahnsinn!

Kino
09.10.2019 19:11

Wie wird aus einem jungen Möchtegern-Komiker ein kaltblütiger Killer-Clown? „Joker“ (Kinostart: 10. Oktober) geht dieser Frage nach und erzählt mit einem Oscar-verdächtigen Joaquin Phoenix in der Hauptrolle erstmals eine mögliche Geschichte hinter dem wohl berühmtesten Gegenspieler Batmans auf der großen Leinwand. Herausgekommen ist eine Comic-Verfilmung, die sich als ernstes Drama über menschliche Abgründe verstanden sehen will - und dabei laut lachend ein böses Spiel mit dem Publikum spielt.

„Joker“ zeichnet erstmals die Entwicklung des bekannten Batman-Bösewichts auf der großen Leinwand nach. Der Protagonist ist der unter Depressionen leidende Arthur Fleck (Joaquin Phoenix), der sich als Stand-up-Comedian versucht, von der Gesellschaft immer wieder zurückgewiesen wird und dann zu extremer Gewalt greift. Am Ende wird aus dem Mann, dem das Leben immer wieder niederstreckt, der Joker.

Die Geschichte spielt jedoch nicht im aktuellen DC-Filmuniversum, in dem Aquaman (Jason Momoa), Wonder Woman (Gal Gadot) und Superman (Herny Cavill) an der Seite von Batman kämpfen, sondern gilt als sogenanntes Stand-Alone-Movie, also ein außerhalb der sonstigen Kino-Blockbuster rund um die DC-Superhelden stehender Film. Die Familie Wayne und ihr bekanntester Sprössling Bruce - der noch ein Kind ist - spielen aber auch in dieser Version der Geschichte des Killer-Clowns eine bedeutsame Rolle.

Comic-Verfilmung will ernstes Prestige-Drama sein
Diese Distanzierung von den anderen Comic-Verfilmungen war eine bewusste Entscheidung, denn mit „Joker“ versucht Regisseur Todd Phillips („Hangover“-Trilogie) einen Comic-Film unter dem Mantel eines Prestige-Dramas zu verstecken. Mit Erfolg, denn „Joker“ wurde beim Filmfestival Venedig sogleich mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet und von vielen Kritikern, darunter gerade jene, die ansonsten oftmals Superhelden als Fast-Food-Kost verschmähen, in den Himmel gelobt.

Dabei ist nichts rund um den Kinostart von „Joker“ dem Zufall überlassen: Auch nicht, dass im Vorfeld des Kinostarts eifrig darüber diskutiert wurde, ob der Film Menschen gar gewalttätig werden ließe - in den USA wurden die Sicherheitsvorkehrungen in den Kinos teilweise erhöht. Alles - nicht immer geplanter - Teil der Hype-Maschinerie, die dem Publikum mit „Joker“ einen kühnen und schockierenden und irgendwie mit Blick auf das Gros der Comic-Verfilmungen einzigartigen Film vorgaukeln will.

Unterhalsamer Film, der aber nichts Neues zu sagen hat
Am Ende ist „Joker“ ein durchaus guter, gelegentlich unterhaltsamer, aber insgesamt frustrierender Film, der unter seinem verrußten New Yorker 70er-Jahre-Anstrich - Taxi Driver und Martin Scorsese lassen grüßen - aber nicht wirklich etwas Neues zu sagen hat. Die Bemühungen von Regisseur Phillips und Drehbuchautor Scott Silver („The Fighter“) einen tiefgründigen Kommentar zu Geisteskrankheiten und Klassenkampf abzugeben, verpuffen letztlich angesichts der Tatsache, dass sich der Film auf dem Weg von Arthur Fleck zum Joker viel zu ernst nimmt.

So beginnt die Geschichte mit einer Szene, in der Arthur beim Auftragen von Clown-Schminke zu sehen ist, während sich eine Stimme im Radio über die Gesellschaft beklagt und fragt, „Was aus dieser Welt nur geworden ist“, während sich der Protagonist auf einen weiteren Tag des Leids als Clown vorbereitet. Da fallen dann weitere, lächerlich klischeehaft anmutende Sätze wie „Alles was ich habe sind negative Gedanken“, die Fleck an seine Sozialarbeiterin richtet, oder „Bin ich es nur, oder wird es da draußen immer verrückter?“ oder „Früher dachte ich, mein Leben sei eine Tragödie, aber jetzt merke ich, dass es eine verdammte Komödie ist“.

Am Ende ist die Gesellschaft Schuld
Und dann ist da noch Jokers Drang zu tanzen. Es gibt eine lange Sequenz, in der Joker ausgerechnet zu „Rock and Roll“ von Gary Glitter - mittlerweile ein verurteilter Sexualstraftäter - tanzt. Sowohl die Szene als auch die Wahl des Songs wirken deplatziert und weit entfernt von allen anderen Szenen. Und dass in einem Film, der bis zur letzten halben Stunde ohnehin ständig mit seiner eigenen Logik kämpft. Letztlich ist aber eh an allem „die Gesellschaft“ Schuld, die sogar bestimmt, was lustig ist und was nicht, wie es Joker kurz vor dem Höhepunkt seiner von Gewalt begleiteten „Geburt“ selbst herausschreit - ein offensichtlicher Seitenhieb auf die Political Correctness der Gegenwart.

Darsteller Joaquin Phoenix trägt an den Mängeln des Films keine Schuld: Wenn der mehrfach Oscar-nominierte Schauspieler im Finale voll und ganz in der Rolle des Jokers aufgeht, wird der Film tatsächlich gut. Sein Anzug, sein Tanz, sein Make-up, das grüne Haar und überhaupt die Art und Weise, wie Phoenix die Grenze zwischen Wahnsinn und Theatralik entlangschreitet, sind so herrlich anzusehen, dass sich dieser Teil der Geschichte wie ein ganz anderer Film anfühlt. Eine düstere Erinnerung daran, was hätte sein können.

Vielleicht ist „Joker“ als Comic-Verfilmung, die partout nicht als Comic-Film gesehen werden will, aber auch von Anfang an als fieser Trick gedacht gewesen. Ein böser Streich, der Kritikern und Publikum gespielt wird, so wie ihn der titelgebende Killer-Clown gerne mit seinen Opfern spielt. Den letzten Lacher hat der Joker so oder so!

Kinostart von „Joker“: 10. Oktober!

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