Erdogan droht der EU

„Könnten Türen für 3,6 Mio. Flüchtlinge öffnen“

Ausland
10.10.2019 15:13

Bei Recep Tayyip Erdogan stößt die europäische Kritik an der türkischen Militäroffensive in Nordsyrien naturgemäß auf wenig Verständnis. Der Präsident der Türkei drohte deshalb am Donnerstag den EU-Staaten wieder einmal mit drastischen Worten, die Grenzen für syrische Flüchtlinge zu öffnen: „Hey EU, wach auf! Ich sage erneut: Wenn Ihr unsere Operation als Invasion darzustellen versucht, ist unsere Aufgabe einfach: Wir werden die Türen öffnen und 3,6 Millionen Menschen werden zu euch kommen.“

Auch österreichische Politiker haben sich kritisch gegen die Türkei gestellt und ein Ende der Offensive gefordert. SPÖ-EU-Delegationsleiter Andreas Schieder verlangte darüber hinaus eine UNO-Blauhelmmission, „an der sich gegebenenfalls auch Österreich beteiligen kann“. „Der türkische Präsident Erdogan hat mit der Syrien-Offensive überdeutlich gemacht, dass er für die EU kein verlässlicher Partner mehr ist“, erklärte Schieder am Donnerstag.

Andreas Schieder (SPÖ) (Bild: APA/HELMUT FOHRINGER)
Andreas Schieder (SPÖ)

Vilimsky kritisiert „Versagen der EU“
Der FPÖ-Generalsekretär und freiheitliche Delegationsleiter im Europäischen Parlament, Harald Vilimsky, kritisierte gleichzeitig ein Versagen der EU: „Die am Mittwoch gestartete Militäroffensive der Türkei in Nordsyrien zeigt, dass die EU keinerlei Mittel gegen Erdogan hat.“ Während die Türkei daran gehe, ihre Idee einer Sicherheitszone in Nordsyrien umzusetzen, flössen weiter EU-Gelder an Ankara. „Als die Kurden tapfer den IS bekämpft und sogar besiegt haben, waren sie für die westliche Staatengemeinschaft willkommene Verbündete. Jetzt lässt man sie im Stich“, bemängelte Vilimsky, der eine neue Flüchtlingswelle befürchtet.

Harald Vilimsky (FPÖ) (Bild: ORF)
Harald Vilimsky (FPÖ)

Grüne für diplomatische Initiative Schallenbergs
Die Grünen forderten eine diplomatische Initiative von Außenminister Alexander Schallenberg. „Die Türkei attackiert Nordsyrien, Tausende KurdInnen befinden sich in akuter Gefahr“, betonte Ewa Ernst-Dziedzic, Bundesrätin und designierte Nationalratsabgeordnete. Doch das österreichische Außenministerium verhalte sich träge. Die Untätigkeit habe dazu geführt, dass österreichische Staatsbürger vor Ort Gefahr liefen, nicht mehr rechtzeitig in Sicherheit gebracht werden zu können, warnte sie.

NEOS: „Humanitäres Desaster“
Die NEOS teilten mit: „Der Syrien-Konflikt kann nicht durch militärische Alleingänge einzelner Staaten gelöst werden.“ Europaabgeordnete Claudia Gamon forderte deswegen die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips in der Außen- und Sicherheitspolitik in der EU. Die außenpolitische Sprecherin, Stephanie Krisper, sprach von einem „humanitären Desaster“. „Die Attacke der Türkei auf die Kurdinnen und Kurden wird sich auch drastisch auf die humanitäre Situation der Flüchtlinge vor Ort auswirken. Das hat überfüllte Flüchtlingslager zur Folge, in denen die Menschen unter widrigsten Umständen leben müssen. Weitere Personen werden sich auf den Weg nach Europa machen.“

Claudia Gamon (NEOS) (Bild: APA/HERBERT NEUBAUER)
Claudia Gamon (NEOS)

Nicht die erste Drohung von Erdogan
Erdogan hatte bereits zuvor gedroht, die Grenzen für Migranten zu öffnen, wenn die EU das Land bei deren Versorgung nicht stärker unterstützt. Nun warf er der EU erneut vor, ihre Versprechen aus dem Flüchtlingsdeal von März 2016 nicht eingehalten zu haben. „Nun sagen sie, dass Sie uns die drei Milliarden Euro vorenthalten werden. Habt Ihr jemals Eure Versprechen an uns eingehalten? Nein“, sagte Erdogan.

In dem Flüchtlingsdeal hatte die EU zugesagt, über drei Jahre zwei Mal drei Milliarden Euro für die Versorgung der Flüchtlinge in der Türkei zu zahlen. Ankara hatte dafür zugesichert, mehr zu tun, um die Flüchtlinge an der Überfahrt auf die griechischen Ägäisinseln zu hindern.

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