Ein Leben ohne den Universal-Messenger WhatsApp? Für viele undenkbar. Besitzer von Smartphones mit Microsoft Windows - eine kleine Minderheit, aber es gibt sie noch - müssen sich vier Jahre nach Microsofts kolossalem Scheitern am Smartphone-Markt mit Jahresende aber darauf einstellen - oder sich ein neues Gerät beschaffen, obwohl das Windows-Phone noch geht. Das zeigt, wie abhängig wir von den globalen IT-Riesen sind - und ist Konsumentenschützern und der Politik ein Dorn im Auge.
Ob Facebook, zu dem auch WhatsApp und Instagram gehören, oder Apple, Google, Microsoft und Amazon: Jeder IT-Riese macht und nutzt Software. Das Betriebssystem als Herz von Handy oder PC, und die Programme oder Apps darauf für die täglichen Aufgaben und zur Unterhaltung. Beides muss laufend gewartet werden, um nicht Hackern und Viren Tür und Tor zu öffnen. Sicherheitslücken werden geschlossen, Funktionen erweitert, Geräte mit Updates auf den aktuellen Stand gebracht - und irgendwann beschließt der Hersteller, dass er keine mehr versorgt, die älter als fünf Jahre sind.
Software hat ein Ablaufdatum
Das ist etwa beim iPhone der Fall: Das neueste Betriebssystem iOS 13 gibt es nicht mehr für das fünf Jahre alte iPhone 6. Im Fall der Windows-Smartphones war es das Scheitern Microsofts am Smartphone-Markt vor etwas mehr als drei Jahren, das das Schicksal der Software besiegelte. Ab Jahresende gibt es keine Updates - und damit auch keine zeitgemäßen Apps mehr. Das WhatsApp am alten Windows-Phone kann dann nicht mehr mit dem WhatsApp am neuen iPhone kommunizieren, es wird unbrauchbar.
Für die Kundschaft kann das ärgerlich sein, zum Neukauf zwingen, kurzum: Geld kosten. Bisweilen schon nach zwei, drei Jahren - so lang dauerte es bei einem anderen Microsoft-Flop. 2012 als Tablet-Betriebssystem für Geräte mit Handyprozessor und langer Akkulaufzeit gestartet, scheiterte das Betriebssystem Windows RT drei Jahre später daran, dass wegen geringer Verbreitung niemand Apps dafür programmieren wollte.
Geräte können von anderen „abgehängt“ werden
Nicht nur die Abwesenheit der Updates kann Geräte ihrer Funktion berauben, sondern auch, dass ihnen Mitspieler im App- und Gerätedschungel „davonziehen“. Springt das Handy- oder Computer-Betriebssystem auf die nächste Version, müssen Apps oft angepasst werden. Gibt es den Hersteller der App nicht mehr oder entscheidet der, dass die Anpassung sich nicht rentiert, geschieht das nicht - und die App geht nicht mehr.
Das ist kein reines Smartphone-Phänomen: Amazon hat im Sommer Besitzer von zehn bis sieben Jahre alten Sony-Fernsehern angeschrieben und mitgeteilt, dass sie künftig keine Filme mehr aufs TV-Gerät streamen können. Die Smart-TV-App wurde nicht mehr weiterentwickelt - obwohl sieben Jahre für ein TV-gerät wahrlich kein biblisches Alter wären.
Geplante Obsoleszenz durch alternde Software?
Für Konsumentenschützer fällt die Unbenutzbarkeit von Geräten durch schlecht oder nicht mehr gewartete Software unter den Begriff „Geplante Obsoleszenz“. Das bedeutet, dass Geräte vom Hersteller bewusst so gestaltet werden, dass sie nach einigen Jahren unbrauchbar werden und der Kunde Ersatz kaufen muss. Üblicherweise wird der Begriff für Sollbruchstellen an der Hardware verwendet.
Aber auch Software, die im Laufe der Jahre langsamer oder auf andere Weise unbrauchbar wird, kann zum Neukauf zwingen. Ein aus Öko-Perspektive fragwürdiges Vorgehen, das auch die Politik beschäftigt: Das EU-Parlament hat vor zwei Jahren einen Entschluss verabschiedet, der Herstellern eine „längere Lebensdauer für Produkte“ aufzwingen soll. In diesem Zusammenhang wurde auch ein „Recht auf Reparatur“ gefordert, das mit Blick auf veraltete Software freilich auch ein „Recht auf Updates“ sein müsste. Viele Fragen sind aber noch offen - etwa jene nach dem „angemessenen Nutzungszeitraum“ und danach, ob und für wie lang man Hersteller zu Updates verpflichten kann.
Täglich neue Bedrohungen
Für die Hersteller von Soft- und Hardware kann es nämlich schlicht unwirtschaftlich sein, uralte und womöglich nur mehr von sehr wenigen Nutzern verwendete Produkte am aktuellen Stand zu halten. Angesichts täglich neuer Bedrohungen im Internet und laufend neuen Sicherheitslücken ist es für sie schon eine Herausforderung, aktuell verbreitete Produkte vor den Gefahren des Cyberspace zu schützen. Deshalb wird zum Wohle der Mehrheit kalkuliert auf die Wartung von Nischenprodukten wie WhatsApp für Windows Phones verzichtet.
Altert unsere Elektronik zu schnell? Im Zeitalter der geplanten Obsoleszenz und täglich neuer Cyber-Bedrohungen beschäftigt diese Frage nicht nur Besitzer älterer Geräte, sondern betrifft jeden. Wir widmen uns dem Thema deshalb auf krone.at mit einem Special, erklären, wieso manche Smartphones ab Jahresende kein WhatsApp mehr haben, welche Anbieter im Kampf um die Nutzergunst auf der Strecke geblieben sind - und wie man das Risiko eines Fehlkaufs minimiert.
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