Die ersten Sondierungsgespräche sind vorbei, offiziell geben sich alle Parteien noch sehr bedeckt, betonen die „guten, freundlichen“ und natürlich auch „konstruktiven“ Treffen. Doch die Lage ist schon um einiges klarer geworden, bei der Partnerwahl spielen für ÖVP-Chef Sebastian Kurz viele Faktoren eine Rolle. Der inhaltliche Konsens muss dabei nicht zwingend im Vordergrund stehen.
Ginge es bei der Regierungsbildung nur um inhaltliche Überschneidungen, wäre der Koalitionspartner in Sekundenschnelle gefunden. ÖVP und FPÖ sind bei vielen Themen kaum voneinander zu unterscheiden, auch das Programm wäre schon vorhanden. Allerdings würden die Sympathiewerte von Sebastian Kurz wohl ebenso rasch sinken - nicht nur in Österreich. Und der Liebesentzug von jenseits der Grenzen würde den Ex- und Bald-wieder-Kanzler, dem sein internationales Ansehen extrem wichtig ist, tatsächlich treffen.
Kleinster gemeinsamer Nenner oder doch nur Kernthemen?
Atmosphärisch würde Kurz bei einer Zusammenarbeit mit den Grünen punkten. Dafür ist es inhaltlich schwierig. Daher wird derzeit überlegt, ob sich in der künftigen Koalition jeder auf seine Kernthemen konzentriert und man erst gar nicht überall nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner sucht. Dem Vernehmen nach sollen die Grünen diesem Modell durchaus etwas abgewinnen können, wenngleich sie manche rote Linien nicht überschreiten können. Auffallend ist aber, dass Kurz schon länger nicht mehr von einer „Mitte-rechts-Regierung“ gesprochen hat.
Gute Chemie alleine reicht nicht
Eilig haben es derzeit vor allem die Grünen nicht - wegen der Vorarlberg-Wahl, die den dortigen Grünen-Chef Johannes Rauch, einen wichtigen Vertrauten von Werner Kogler, im Westen des Landes bindet. Auch Kurz drückt derzeit nicht aufs Tempo. Wie zu hören ist, will er ausloten, wie sehr den Grünen zu vertrauen ist, ob sie Verschwiegenheit beherrschen und wie sehr sich Kogler in der eigenen Partei durchsetzen kann.
Dass sich Kurz und Kogler gut verstehen, ist kein Geheimnis. Ob es zu einer Regierung reicht, ist noch lange nicht gesagt.
Doris Vettermann, Kronen Zeitung/krone.at
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