Brexit-Streit

Neue Hoffnung: Briten und die EU verhandeln weiter

Ausland
11.10.2019 15:10

Wie Diplomaten am Freitag in Brüssel bestätigten, wird die Europäische Union mit Großbritannien in eine weitere Brexit-Verhandlungsrunde gehen. Nach unerwarteten Fortschritten im Streit um den für 31. Oktober angekündigten Austritt sieht die EU nun neue Einigungschancen. Gesucht wird eine Lösung bis zum EU-Gipfel Ende nächster Woche.

EU-Unterhändler Michel Barnier hatte am Freitagvormittag ein „konstruktives Gespräch“ mit dem britischen Brexit-Minister Stephen Barclay geführt, wie beide Seiten mitteilten. Die 27 bleibenden EU-Staaten gaben anschließend grünes Licht für neue Verhandlungen. EU-Ratspräsident Donald Tusk erklärte, zwar fehlten immer noch umsetzbare und realistische Vorschläge aus Großbritannien. Doch gebe es „vielversprechende Signale“ aus Irland. „Selbst die kleinste Chance muss genutzt werden“, twitterte Tusk.

Annäherung zwischen Johnson und Varadkar
Am Donnerstag waren der britische Regierungschef Boris Johnson und sein irischer Kollege Leo Varadkar überraschend einer Lösung nähergekommen. Ein Deal bis zum Austrittsdatum 31. Oktober sei noch möglich, sagte Varadkar nach einem mehr als zweistündigen Gespräch mit Johnson. Zugleich wies er darauf hin, dass noch etwas schiefgehen könnte.

Tusk wollte ursprünglich nach eigenen Worten eine Einigung öffentlich für unmöglich erklären, wenn bis Freitag keine machbaren britischen Vorschläge vorlägen. Stattdessen verwies der Ratspräsident nun darauf, dass Johnson und Varadkar selbst erstmals den Weg zu einem Deal erkennen könnten. Es gebe natürlich keine Erfolgsgarantie, aber die Chance müsse genutzt werden.

„Bringen wir den Brexit über die Bühne!“, fordert Premier Boris Johnson. (Bild: AP)
„Bringen wir den Brexit über die Bühne!“, fordert Premier Boris Johnson.

Grenze zwischen Irland und Nordirland als Knackpunkt
Die irische Einschätzung ist wichtig für die gesamte EU. Denn der entscheidende Knackpunkt ist die Frage, wie die Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Nachbarn Irland offen gehalten werden kann. Gibt es bis 19. Oktober keinen Deal, ist Johnson nach einem britischen Gesetz angehalten, bei der EU eine längere Austrittsfrist zu beantragen. Der Premier hat allerdings immer wieder angekündigt, sein Land zum 31. Oktober notfalls auch ohne Vertrag aus der EU zu führen.

Worüber Johnson und Varadkar im Einzelnen gesprochen haben, war zunächst nicht offiziell bekannt. Doch sickerten Informationen über eine neue mögliche Formel für die irische Grenzfrage durch. Die EU will eine feste Grenze mit Kontrollposten auf der irischen Insel vermeiden, weil neue Unruhe in dem ehemaligen Bürgerkriegsgebiet befürchtet wird. Gleichzeitig will die EU verhindern, dass unkontrolliert und unverzollt Waren über die neue EU-Außengrenze in den Binnenmarkt strömen.

Irlands Premierminister Leo Varadkar und EU-Ratspräsident Donald Tusk (Bild: APA/AFP/Aris Oikonomou)
Irlands Premierminister Leo Varadkar und EU-Ratspräsident Donald Tusk

Spezielle Zollpartnerschaft steht zur Debatte
Johnson hatte bereits angeboten, dass sich Nordirland auch nach dem Brexit an EU-Produktstandards hält, was Warenkontrollen an der inneririschen Grenze unnötig machen würde. Nun steht nach britischen Medienberichten eine spezielle Zollpartnerschaft für Nordirland zur Debatte, die auch Zollkontrollen vermeiden könnte. Die nordirische Volksvertretung Stormont könnte, wie von London gewünscht, ein Mitspracherecht bekommen, ob die Lösung dauerhaft angewandt wird, doch sollen nicht einzelne Parteien ein Vetorecht ausüben dürfen.

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