„Urban Farming“
Über New Yorks Dächern kehrt das Landleben zurück
„Urban Farming“ heißt die neue Bewegung, die sich derzeit in New York rasch ausbreitet. Dabei handelt es sich aber nicht um ein Hobby, sondern ein gesellschaftspolitisches Pionier-Projekt: Jedes neue Dach in New York muss „Grün“ oder Solarpaneele haben. Die „Krone“ beim Lokalaugenschein im Big Apple.
Frisches Gemüse aus dem Restaurant-Garten, oder noch besser, mit New Yorker Höhenluft: Das ist der letzte Schrei in der trendigen Metropole, und diese Bewegung greift immer rascher um sich. „Urban Farming“, wie Landwirtschaft über den Dächern von New York heißt, ist kein Hobby. Es ist eine Ideologie.
Pionier auf diesem Gebiet ist die Non-Profit-Kooperative www.brooklyngrangefarm.com (Besucher willkommen). Vor zehn Jahren hatten die Gründer eine alte Fabrik im Stadtteil Brooklyn gegenüber von Manhattan für 200.000 Dollar übernommen. Heute sind es schon drei Dächer-Farmen, auf denen auch Bienen summen und Hühner gackern mit je nach Saison 20 bis 40 Mitarbeitern; selbstverständlich top-bio und Abwässer-neutral.
Fitnessprogramm gegen Stadtneurosen
Gwen Schatz (38), „Chief Creative Officer“ der Bewegung, erzählt, wie sie dazu gekommen ist: „Ich wuchs in einem Dorf in Massachusetts auf, wo die Landwirtschaft vor die Hunde ging und die Menschen in die Städte zogen, aber sich dort auch nicht wohl fühlen. Ich dachte, das kann nicht der richtige Weg sein. Es fehlt Natürlichkeit. Da sagte ich mir: Dann muss eben auch das ländliche Leben in die Stadt kommen. Für Stabilität eines Gemeinwesens ist das eine Voraussetzung.“
Ingenieur Ben Flaming, ebenfalls Mitbegründer, ist für das Management zuständig: „Zwei Drittel unserer Ernte geht an Restaurants. Daneben beliefern wir fünf Märkte. Der Rest geht an 200 Direktabholer. Wir beliefern Schulen mit 4000 Kindern. Unser Budget ist ausgeglichen. Natürlich suchen wir auch Sponsoren.“
Video: Bundespräsident Alexander Van der Bellen besucht die „Urban Farmer“
Partnerschaft mit Schulen und Behörden
Ben Flaming ist Spezialist für Non-Profit-Management. Er sucht Partnerschaften mit Schulen, Bauherren und städtischen Behörden. Die Bewegung macht Lehr-Führungen besonders für Schulen, Yoga-Stunden auf den Dächern und hält Vorträge im In- und Ausland. „Man muss die Verbindung zur Natur nicht aufgeben, nur weil man in Städten lebt. Wir nehmen auch private Aufträge für Greening und Gartengestaltung an. Wir pflanzen auch Bäume, damit die Temperatur in den Straßen sinkt.“
Die Speisekarte wird von der Natur gestaltet
Und dann gibt es noch Restaurants neuen Typs wie zum Beispiel das Riverpark. Wie der Name schon sagt, hat der Park auch einen Gemüsegarten des Restaurants. Die Speisekarte wird von der Natur gestaltet. Mal empfiehlt der Küchenchef frischen Fenchel, mal Paprika, mal Paradeiser (ohne die übliche Lederhaut). Die Beete dienen auch als Lehr-Garten für Workshops, „damit die Kinder erfahren, wo das Essen wächst, jedenfalls nicht im Supermarkt“.
Die Bewegung „Zurück zur Natürlichkeit“ greift also um sich, und die Stadt New York hat schon reagiert und verbindet es mit Nützlichkeit. So darf kein Dach mehr errichtet werden, das nicht entweder begrünt oder mit Sonnen-Paneelen versehen wird.
Kurt Seinitz, Kronen Zeitung
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