Von den Kriegswirren des Habsburgerreiches über die goldenen Zeiten der Opulenz bis ans Ende der Welt führt die Reise, auf die drei steirische Bands auf ihren Neuerscheinungen entführen. Ilmala, Spa Mayerling und Love God Chaos haben dieser Tage Platten vorgelegt - die „Krone“ begibt sich mit ihnen auf Streifzug.
Genau 130 Jahre ist es her, dass Bertha von Suttner mit „Die Waffen nieder!“ ihr bis heute einflussreiches Friedensmanifest veröffentlicht hat. Die Grazer Band Ilmala taucht auf ihrem Album „auf immer nieder!“ in diese Zeit ein und begibt sich mit den Mitteln der Musik und einer Riege an Gastmusikern auf die Spuren von Suttners Friedensgedanken. Das dabei entstandene Album ist genauso vielfältig, wie die Geschichten, die darin auftauchen.
ßlobodan Strauß etwa lässt gleich zu Beginn den Radetzky-Marsch kriegerisch knallen, das Theater im Bahnhof stimmt ein russisches Volkslied an, Lothar Lässer gibt den „Schönen Gigolo“ und Robert Lepenik holt sich für seinen „Friedensaufruf“ Marina Stiegler an Bord.
Ilmala-Frontmann Andreas Stangl wurde für seine Songbeiträge übrigens auch in der eigenen Familiengeschichte fündig: Sein Urgroßvater Josef Wagnes hat seine Kriegserlebnisse nicht nur in Kompositionen verarbeitet, sondern auch in Tagebüchern festgehalten, die sich - vorgetragen von Peter Uray- als roter Faden durch dieses spannende, berührende Konzeptalbum (Jump Up/uferrecords) ziehen.
Ausflug in die pompösen 1980er
Ach, was waren das für glorreiche Zeiten, als der Pop in den 1980ern seinen opulenten Höhepunkt erreicht hatte und man glaubte, das würde ewig so weitergehen! Das Echo dieser unbeschwerten Synthie-Grandezza beschwört Christoph Marek alias Spa Mayerling auf seinem Album „The Memory of Song“ herauf - in völligem Bewusstsein, dass die Welt und damit der Pop diese Leichtigkeit längst verloren haben. Oder hat sie ohnehin immer nur im eigenen Jugendzimmer existiert?
Die neuen Ufer jedenfalls, die er im Opener „New Shores“ abwandert, klingen eher nach Italo-Disco im Walkman, als nach Ibiza-Party im Livestream. Der erste Eindruck täuscht jedoch, denn immer wieder schleicht sich das Heute in diese gestrigen Synthie-Welten - etwa wenn in „On Patrol“ das Ende der Welt per E-Mail ankündigt wird und sich wie ein viraler Ohrwurm ins Gehirn bohrt.
Wunderbar verbindet Marek auf „The Memory of Song“ (pumpkin) bombastische 80er-Hooks mit ironisch-melancholischem Erzähl-Gesang. Fast so schön, wie die eigenen Erinnerungen an jene glorreiche Zeit.
Das Ende ist nahe, aber immerhin klingt es gigantisch
Ein ganzes Orchester fährt die Grazer Band Love God Chaos auf, um den Beginn ihres neuen Albums „Endling“ würdig zu zelebrieren. Fast neun Minuten dauert der laut rockende Opener „Commander“, in dem sich in Angesicht einer verrohenden Welt langsam aber stetig ein Gefühl der Eigenverantwortung aufbäumt - bis zu einem furiosen Finale.
Die Musik, so räudig sie mitunter auch sein mag, das macht das Grazer Quartett von Anfang an klar, ist für sie ein Träger von Botschaften - auch wenn sie auf dem Rest des Albums die Dringlichkeit von „Commander“ nie mehr ganz erreichen. Auf Songs wie „Schüttel dein Ding“ driften sie gar ins Reich der kleingeistig revoltierenden Partymäuse ab, ehe sie auf „Clara auf dem Mars“ zum großen Orchester und zur Melancholie zurückfinden, die ihrem sonst so geradlinigen Rock gut tut.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.