Warum sie polarisiert

Greta Thunberg: Geliebte und gehasste Kämpferin

Ausland
13.10.2019 06:00

Den Friedensnobelpreis hat Greta Thunberg zwar nicht gewonnen - kalt lässt sie in ihrem Kampf ums Klima aber wohl niemanden. Experten analysieren, warum Greta so polarisiert.

Gerade einmal 14 Monate ist es her, dass Greta Thunberg sich alleine mit ihrem Schulstreik-Schild vor das schwedische Parlament setzte, um für eine bessere Klimapolitik zu protestieren. Innerhalb weniger Wochen folgten Schüler ihrem Vorbild, erst in Schweden, dann in immer mehr Städten - bis es sich zu der weltweiten Fridays-For-Future-Bewegung ausweitete. Das kometenhafte Tempo, in dem ein einzelner Mensch Massen mobilisierte, befeuert jedoch die Verschwörungstheorien ihrer Kritiker.

PR-Maschinerie und Geldgier?
So soll z. B. Ingmar Rentzhog, schwedischer PR-Berater und Gründer von We don’t have time, hinter dem „Produkt“ Thunberg stehen. Er berichtete tatsächlich als einer der ersten über sie und verwendete ihren Namen in seinen Prospekten. Mittlerweile entschuldigte er sich aber für diese unerlaubte Verwendung - und Familie Thunberg distanzierte sich von seiner Stiftung.

Greta Thunberg mit ihrem „Schulstreik fürs Klima“-Schild nach ihrer Atlantiküberquerung per Segelboot bei der Ankunft in New York (Bild: AP)
Greta Thunberg mit ihrem „Schulstreik fürs Klima“-Schild nach ihrer Atlantiküberquerung per Segelboot bei der Ankunft in New York

Auch wird Greta und ihren Eltern vorgeworfen, nur Geld scheffeln zu wollen. Die beiden Firmen von Vater Svante Thunberg gingen schon vor dem Bekanntwerden seiner Tochter sehr gut, der Umsatz hat sich auch durch sie nicht erhöht. Und die Einnahmen aus ihrem Buch z. B. spendeten sie an Wohltätigkeitsorganisationen.

Vielleicht ist Greta ganz froh
Ihre „Hater“, die Greta im Netz mit übelsten Schmähungen überziehen, werden jubeln, dass sie den Friedensnobelpreis nicht bekommen hat. Vielleicht ist Greta Thunberg auch selbst ganz froh darüber - schließlich betont sie immer wieder, dass es nicht um sie als Person, sondern um ihr wichtiges Anliegen geht. Und verweist stets auf die Scientists for Future.

Sie wird geliebt oder gehasst, kalt lässt sie wohl kaum jemanden mit ihrem Klima-Kampf. Der Friedensnobelpreis hätte ihr aber wohl mehr geschadet als genützt und nur Wasser auf die Mühlen ihrer Kritiker gegossen. Preise retten das Klima nicht, es wäre eher Zeit für wirkliche Taten.

(Bild: AP)

Weshalb die Klimafrage Menschen polarisiert
Immer mehr Österreicher sind ob der Klimakrise besorgt und betroffen. „Durch Luftverschmutzungen kommt es zur Zunahme von Allergien oder Atemwegserkrankungen, was sich negativ aufs seelische Gleichgewicht auswirkt. Es kommt zu einer Kettenreaktion: Schlafminderung, Gereiztheit bis hin zu Aggression“, so der Wiener Psychiater Dr. Alexander Bernhaut.

Andererseits scheint das Phänomen viele Landsleute kaltzulassen. Bei solchen großen Themen seien diametrale Meinungen jedenfalls normal. Dass sich speziell junge Menschen im Kampf für die Erde engagieren, sei auf mehrere Faktoren zurückzuführen. „Junge sind eher mutiger“, so Bernhaut. Und schließlich müssen sie die „Klima-Suppe“ am Ende des Tages auslöffeln.

Und warum polarisiert Greta? „Viele meinen, dass sie instrumentalisiert wird.“ Weiters sei es ein (negatives) menschliches Phänomen, dass Personen im Rampenlicht mit Missgunst konfrontiert werden.

Franziska Trost und Gregor Brandl, Kronen Zeitung

Greta Thunberg in New York (Bild: AP)
Greta Thunberg in New York

Warum Greta (gar nicht) so wichtig ist
Greta Thunberg ist ein junges Mädchen, das mit einer einfachen Aktion auf das reagiert hat, was sie in der Schule gelernt hat: Der Klimawandel bedroht ihre Zukunft. Diese Aussage beruht auf gesichertem Wissen. Weil von politischer Seite keine adäquaten Handlungen daraus abgeleitet werden, hat sich die Schülerin freitags mit einem Plakat vor das schwedische Parlament gesetzt. Sie wollte keine globale Bewegung aufbauen, sie wollte mehr Klimaschutz erreichen. 

Durch diese Einzelaktion inspiriert, haben inzwischen Hunderttausende junge Menschen das Thema aufgegriffen. Sie setzen sich weltweit für Klimaschutz ein. Würden die Streiks aufhören, wenn Greta plötzlich abhanden käme? Sicher nicht, denn es geht nicht um Greta, es geht um die Zukunft der Jugend. Sie hat sie inspiriert, das war wichtig, aber jetzt kümmert Greta eher die alten als die jungen Leute. Sie hat gezeigt, was eine einzelne Person mit einer klaren Haltung auslösen kann. 

Damit hat sie nicht nur das Thema Klimawandel und die Notwendigkeit zu handeln ins öffentliche Bewusstsein gebracht, sondern sie hat auch vielen jungen Menschen Orientierung und Selbstvertrauen gegeben. Sie interessieren sich wieder für Politik, wollen eingreifen und gestalten. Damit hat sie auch der Demokratie einen ungeheuren Dienst erwiesen.

Klimaschutz-Expertin Helga Kromp-Kolb, Kronen Zeitung

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