Kommunalwahl in Ungarn

Opposition holt Bürgermeistersessel in Budapest

Ausland
14.10.2019 06:51

In Ungarn hat bei den landesweiten Kommunalwahlen am Sonntag die Opposition der rechtsnationalen Regierungspartei Fidesz unerwartet das Fürchten gelehrt. Die Partei von Ministerpräsident Viktor Orban musste in einigen Hochburgen Niederlagen einstecken. In der Hauptstadt Budapest siegte der Oppositionskandidat Gergely Karacsony mit 50,6 Prozent der Stimmen klar gegen den seit 2010 amtierenden Fidesz-Bürgermeister Istvan Tarlos.

Der bisherige Amtsinhaber kam auf 44,3 Prozent, wie das Nationale Wahlbüro am späten Sonntagabend bei einem Auszählungsstand von 92,1 Prozent der Stimmen mitteilte. Außerdem gewannen Kandidaten der Opposition die Bezirksbürgermeisterwahlen in 13 von 23 Budapester Stadtbezirken. Bisher stellte die Fidesz-Partei 17 Bezirksbürgermeister. Im Stadtrat von Budapest, der nicht direkt gewählt ist, hat die Opposition nun 18 und Fidesz nur mehr 14 Mandate. Bisher hatte die Orban-Partei in dem Gremium die Mehrheit.

Auch in der südostungarischen Stadt Hodmezövasarhely konnte sich der gemeinsame Kandidat der Opposition, Bürgermeister Peter Marki-Zay, durchsetzen. Marki-Zay hatte sich bereits 2018 bei Bürgermeister-Zwischenwahlen in der einstigen Fidesz-Hochburg das Amt gesichert. Auch in Miskolc, Pecs und Dunaujvaros sicherten sich Oppositionskandidaten das Amt des Bürgermeisters. Der vernichtende Schlag, den Fidesz gegen die Opposition angekündigt hatte, fiel demnach aus.

Kalte Dusche für das Regierungslager
Für das Regierungslager war der Wahlausgang eine kalte Dusche. Ministerpräsident Viktor Orban wandte sich an seine Anhänger, um die Tragweite herunterzuspielen. „Fidesz ist weiterhin die stärkste politische Kraft in Ungarn“, sagte er mit Blick auf die Ergebnisse in den ländlichen Gebieten. Der künftig von der Opposition regierten Hauptstadt bot er vage eine „Zusammenarbeit“ an, ohne in Einzelheiten zu gehen. Im Wahlkampf hatten Orbans Gefolgsleute damit gedroht, dass Gemeinden, die an die Opposition fallen, keine Gelder von der Regierung mehr bekommen würden.

Der bisherige Budapester Bürgermeister Istvan Tarlos (re.) mit Ministerpräsident Viktor Orban (Bild: AFP/Ferenc Isza)
Der bisherige Budapester Bürgermeister Istvan Tarlos (re.) mit Ministerpräsident Viktor Orban

Über die Gründe für die unerwartete Deutlichkeit des Erfolges der Opposition gab es zunächst nur Spekulationen. Vor allem in den urbanen Zentren des Landes herrscht eine gewisse Frustration darüber, dass die Orban-Regierung in den vergangenen Jahren die Schulen und Gesundheitseinrichtungen den Gemeinden weggenommen und der Staatsverwaltung unterstellt hat.

Wahl wurde von Sex-Skandal überschattet
Die Tage vor der Wahl waren zudem überschattet vom Sex-Skandal um den Fidesz-Bürgermeister der westungarischen Stadt Györ, Zsolt Borkai. Ein anonymer Blogger hatte Videoclips von einer Sexorgie auf einer Luxusjacht veröffentlicht, auf denen Borkai beim Geschlechtsverkehr mit einer mutmaßlichen Prostituierten zu sehen ist. Borkai ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.

Diese Aufnahme, die Zsolt Borkai mit Prostituierten zeigt, soll im Frühjahr 2018 auf einer Jacht in der Adria entstanden sein. (Bild: twitter.com)
Diese Aufnahme, die Zsolt Borkai mit Prostituierten zeigt, soll im Frühjahr 2018 auf einer Jacht in der Adria entstanden sein.

Dies war umso brisanter, weil Orban die Fidesz-Partei immer wieder als „christlich“ und das von ihm geführte Ungarn als Fackelträger der „christlichen Tradition“ bezeichnet. Der Blogger erhob auch schwere Korruptionsvorwürfe gegen den Györer Bürgermeister, die er allerdings nicht belegte. Borkai gewann am Sonntag dennoch die Wahl in seiner Stadt, wenn auch nur mit einem knappen Vorsprung von anderthalb Prozentpunkten.

Die Wahlbeteiligung lag bei rund 48 Prozent. Dabei bleibt das Land fest in Fidesz-Hand, die rechtsnationale Regierungspartei siegte wie erwartetet in den meisten Gemeinden. Die sozialliberalen Oppositionsparteien konnte jedoch mittels des neuen Zusammenschlusses und gemeinsam aufgestellter Kandidaten einen erneuten Erdrutschsieg der Partei von Premier Viktor Orban verhindern.

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