Historischer Prozess

Katalonien: Lange Haft für Separatistenführer

Ausland
14.10.2019 15:07

Schicksalstag in Katalonien: In einem historischen Prozess gegen Separatistenführer hat das Oberste Gericht in Madrid am Montag neun der Angeklagten des Aufruhrs schuldig gesprochen. Die Angeklagten wurden zu langjährigen Haftstrafen von bis zu 13 Jahren verurteilt. Zudem erließ Spanien am Montag einen neuen Europäischen Haftbefehl gegen den flüchtigen Ex-Regionalpräsidenten Carles Puigdemont.

Bei dem Verfahren ging es um die Rolle der Separatistenführer bei dem von der spanischen Justiz als illegal eingestuften Unabhängigkeitsreferendum vom 1. Oktober 2017 und einem daraus resultierenden Unabhängigkeitsbeschluss der Regionalregierung in Barcelona.

Die verurteilten Separatistenführer von links nach rechts (obere Zeile): Raul Romeva, Joaquim Forn, Jordi Turull, Oriol Junqueras, Josep Rull; (untere Zeile): Jordi Cuixart, Carme Forcadell, Dolors Bassa und Jordi Sanchez. (Bild: AFP)
Die verurteilten Separatistenführer von links nach rechts (obere Zeile): Raul Romeva, Joaquim Forn, Jordi Turull, Oriol Junqueras, Josep Rull; (untere Zeile): Jordi Cuixart, Carme Forcadell, Dolors Bassa und Jordi Sanchez.

Hauptangeklagter war der frühere stellvertretende Regionalpräsident Oriol Junqueras. Er erhielt 13 Jahre Haft. Der Großteil der Angeklagten sitzt bereits seit zwei Jahren in Untersuchungshaft. Zudem seien einige von ihnen der Veruntreuung öffentlicher Gelder schuldig, hieß es. Drei weitere angeklagte Ex-Politiker wurden des Ungehorsams schuldig gesprochen. Von einer Verurteilung wegen des Vorwurfs der Rebellion, der mit Gefängnisstrafen von bis zu 25 Jahren geahndet wird, sahen die Richter jedoch ab.

Der Prozess war Mitte Juni nach vier Monaten mit den Schlussplädoyers der Angeklagten zu Ende gegangen. Diese riefen dabei fast ausnahmslos dazu auf, den Dialog zu suchen und eine politische Lösung für den Konflikt in der Region im Nordosten des Landes zu finden.

(Bild: AFP)

Mammutprozess mit früherem Premier Rajoy unter den fast 600 Zeugen
Insgesamt wurden in dem Mammutprozess fast 600 Zeugen vernommen, darunter der konservative frühere spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy, in dessen Amtszeit das Referendum fiel. Im Herbst 2017 hatte Rajoy die Regionalregierung abgesetzt und Katalonien monatelang unter Zwangsverwaltung gestellt. Der damalige Regionalchef Puigdemont und andere Politiker flohen nach Belgien, um einer Festnahme zu entgehen.

Der frühere spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy (Bild: AP)
Der frühere spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy

Neuer Haftbefehl gegen Puigdemont
Unmittelbar nach dem historischen Urteil unternimmt die spanische Justiz jetzt auch einen neuerlichen Versuch, Puigdemont habhaft zu werden. Höchstrichter Pablo Llarena erließ am Montag einen internationalen sowie einen Europäischen Haftbefehl gegen Puigdemont, berichteten spanische Medien.

Der Separatistenführer hatte sich nach dem umstrittenen Unabhängigkeitsreferendum am 1. Oktober 2017, das von der spanischen Regierung mit der Aufhebung der Autonomie Kataloniens beantwortet wurde, ins Ausland abgesetzt. Im Vorjahr schlugen zwei Versuche fehl, seine Auslieferung mit einem Europäischen Haftbefehl zu erreichen. Puigdemont, der im Exil in Brüssel lebt, hatte sich auch bei der spanischen Europawahl im Mai aufstellen lassen und dabei ein Mandat gewonnen. Er kann es aber nicht antreten, weil er sich weigert, den in Spanien vorgeschriebenen Amtseid abzulegen.

Der Ex-Chef der katalanischen Regionalregierung, Carles Puigdemont, mit Unabhängigkeitsbefürwortern (Bild: APA/AFP/LLUIS GENE)
Der Ex-Chef der katalanischen Regionalregierung, Carles Puigdemont, mit Unabhängigkeitsbefürwortern

In Katalonien werden nun heftige Proteste von Unabhängigkeitsbefürwortern befürchtet. Diese hatten der Justiz vorgeworfen, ein Exempel statuieren zu wollen, und betrachten die Verurteilten als „politische Gefangene“. Auch Puigdemonts Nachfolger Quim Torra gibt sich kämpferisch und hat zu einer „massiven Mobilisierung“ aufgerufen. Am Flughafen von Barcelona sowie in den Bahnhöfen und Häfen der Region wurde die Zahl der Sicherheitskräfte schon im Vorfeld des Urteils massiv erhöht.

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