Ich lebe seit 10. April 2010 in Nepal. Es ist das dritte mal, dass ich dieses schöne Land bereisen darf. Während eines Morgenspaziergangs begegnete ich einer Taube, die hilflos am Straßenrand kauerte. Ich nahm sie mit. Sie war schon so schwach, dass sie sich kaum bewegen konnte.
Ich setzte sie an einem Taubenplatz aus, wo die Tauben regelmäßig gefüttert werden. Eine obdachlose Familie hat sie dann übernommen. Als ich die letzten Filmaufnahmen von ihr machte, wirkte sie mehr tot als lebendig.
Ich fand mich erst mal damit ab, dass sie sterben wird. Später machte ich mir Vorwürfe, dass ich mich nicht ihrem Schicksaal angenommen habe. Am nächsten Tag sah ich sie wieder. Sie saß auf einem zwei Meter hohen Holzregal und schaute mir zu. Als ein Nepali etwas näher an ihr vorbeispazierte, flog sie erschrocken davon. Doch in etwa zehn Metern Höhe geriet sie ins Trudeln und fiel flatternd zu Boden.
Da habe ich sie aufgelesen und auf mein Hotelzimmer mitgenommen. Gerade schläft sie in meiner linken Hand, während ich mit der rechten schreibe. Sobald sie wieder flugfähig ist, bastle ich ihr
eine Luke, durch die sie wieder nach Draußen kann. Ich weiß, dass Stadttauben im Gegensatz zur Ringeltaube Haustiere sind und zu Kriegszeiten als Brieftauben gezüchtet wurden. Jetzt, wo fast jeder Internet hat, braucht der Mensch die Taube nicht mehr. Und was er nicht braucht, um das will er sich auch nicht kümmern…
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