Zerstört Facebook unsere Gesellschaft? Und wenn ja, wie soll man mit den Schattenseiten des Internet umgehen? Um diese Fragen zu beantworten, hat „Krone“-Moderatorin Katia Wagner am Mittwoch eine hochkarätige Expertinnenrunde ins „Brennpunkt“-Studio eingeladen. Mit dabei waren die Geschäftsführerin von „diego 5“, Sandra Thier, Marika Lagger-Pöllinger, Mutter eines Sohnes, der vor fünf Jahren Selbstmord begangen hat, Social-Media-Expertin Ingrid Brodnig und Natascha Kampusch. Letztgenannte rechnet in ihrem neuen Buch mit Hasspostern ab und nimmt in der Diskussion auch Stellung zu den jüngsten Vorfällen in den Niederlanden, die sie an ihre eigene Vergangenheit in Gefangenschaft erinnern. Den ganzen Talk sehen Sie wie immer im Video oben.
„Besonders treffen mich diese persönlichen Anfeindungen, die mich und meine Familie betreffen, also die, die richtig tief gehen“, sagt Kampusch. Sie hat ihre Erlebnisse mit Hass im Internet in einem Buch niedergeschrieben. In „Cyberneider“ rechnet sie gleichzeitig mit ihren Gegnern im Netz ab. „Schrecklich“ findet sie den aktuellen Fall in den Niederlanden, der an ihre eigene Vergangenheit in Gefangenschaft erinnert: „Mich überrascht es nicht, weil es in anderen Kontinenten viele solcher Fälle gibt, von denen wir nichts wissen, wo das auch üblich ist.“
Hassposter kommen aus dem „rechten Eck“
Traurig findet sie die Intensität des Mobbings, mit dem viele zu kämpfen haben: „Das erste Kommentar macht vielleicht nichts, aber wenn man dann vielleicht schon 50 bekommen hat, dann beginnt man nachzudenken, in welcher Welt man überhaupt lebt.“ Die Menschen, die sie im Internet beschimpfen, sieht sie hauptsächlich aus „dem rechten Eck“ kommen: „Es sind hauptsächlich Männer, aber auch ältere Frauen, was man auch nicht denken würde.“
Marika Lagger-Pöllinger ist Mutter. Ihr damals 16-jähriger Sohn hat sich das Leben genommen, weil er im Internet gemobbt wurde. Bis zum Suizid habe sie keine Anzeichen von Verzweiflung bei ihm erkannt. Erst als sie nach dem Tod zusammen mit dem Bundeskriminalamt das Handy und den Laptop ihres Sohnes auswerten ließ, habe sie erfahren, was dem Jugendlichen widerfahren war.
Suizid als Folge von Erpressung
Ein Nackt-Video von ihm in der Dusche nach dem Fußballtraining machte im Netz die Runde. Eine vermeintliche Internet-Bekanntschaft mit einem Mädchen stellte sich als Fake-Profil heraus. Die Folge: Der Sohn wurde erpresst, bis er sich das Leben nahm. Was Lagger-Pöllinger besonders schockiert hat, war, als sich die Polizei ihrer Ermittlungen nicht annahm: „Sie sagten zu mir: Suchen Sie sich einen Psychologen und akzeptieren Sie, dass Ihr Sohn Selbstmord begangen hat.“
„Frauen sind stärker betroffen“
„Es ist wichtig, dass man sich nicht mundtot machen lässt“, meint Autorin und Social-Media-Expertin Ingrid Brodnig. Was Beleidigungen im Netz angeht, sind laut ihren Nachforschungen Frauen stärker betroffen als Männer: „Sexismus ist ganz klar deutlicher bei Frauen angelegt. Bei einer Frau geht es schnell mal gegen das Aussehen.“ Die Digitalisierung wirke sich zudem drastisch auf das Mobbing unter Jugendlichen aus: „Früher wurde man in der Schule gehänselt und hatte dann am Nachmittag seine Ruhe, heute bekommt man WhatsApp-Nachrichten und es werden Sachen auf Instagram gepostet. Durch das Internet können Akteure ihr Mobbing noch besser ausleben.“
„Kinder mehr über das Internet aufklären“
Die Geschäftsführerin der Influencer-Agentur „diego 5“, Sandra Thier, will die jungen Menschen besser über das Internet aufklären: „Die Kinder müssen lernen, dass alles, was man im Netz tut, öffentlich ist.“ Sie hat in ihrem Job viel mit Jugendlichen zu tun, die als „Influencer“ einen erfolgreichen YouTube-Kanal oder Instagram-Account betreiben: „Das Erstaunliche daran ist, dass die Kinder, die für ihre Aktivitäten im Internet damals in der Schule gemobbt wurden, heute extrem erfolgreich sind und sogar davon leben können.“
Sämtliche Ausgaben unseres Talk-Formats „Brennpunkt“ - immer mittwochs ab 19 Uhr auf krone.tv und hier auf krone.at sowie um 22 Uhr bei n-tv Austria - mit Moderatorin und Kolumnistin Katia Wagner zum Nachsehen finden Sie unter krone.at/brennpunkt.
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