Das Rätsel um jenen Reisepass, den der unter Missbrauchsverdacht stehende österreichische Ex-Judoka Peter Seisenbacher bei sich trug, als er an der polnischen Grenze gefasst wurde, könnte nun gelöst sein. Im Fokus der Strafverfolgungsbehörde steht jetzt nämlich auch ein heimischer Judo-Funktionär, der sich als Fluchthelfer für Seisenbacher betätigt haben könnte. Hauptberuflich ist der Mann international als Detektiv tätig. Seine Darstellung, dass er das Verschwinden seines Passes mehrere Wochen nicht bemerkt haben will, klingt daher höchst verdächtig ...
Der Reisepass, dessen sich Seisenbacher bediente - er selbst hat kein gültiges Reisedokument mehr, nach seiner Flucht war es von der Republik Österreich für ungültig erklärt worden -, war auf einen heimischen Judo-Funktionär ausgestellt. Fest steht, dass eben dieser Judo-Funktionär von der Staatsanwaltschaft bereits als Beschuldigter vernommen wurde. Der Mann hatte Ende September behauptet, er habe das Fehlen seines Passes erst nach einem Telefonat mit Journalisten bemerkt. Daraufhin habe er eine Polizeiinspektion aufgesucht.
Ließ Funktionär Seisenbacher seinen Pass zukommen?
Nach dem gescheiterten Fluchtversuch Seisenbachers aus der Ukraine ermittelt die Staatsanwaltschaft Wien jetzt wegen Begünstigung gegen den Detektiv. Der als Fluchthelfer Verdächtige - für ihn gilt die Unschuldsvermutung - ist hauptberuflich Detektiv und auf Betriebsspionage und Lebensmittelpunktfeststellungen spezialisiert. Er ist länderübergreifend tätig. Insofern erscheint es hinterfragenswert, dass er seiner Darstellung zufolge das Abhandenkommen seines Passes zumindest mehrere Wochen nicht bemerkt haben will. Denkbar erscheint, dass ein weiterer Helfer den Pass Seisenbacher in die Ukraine gebracht hat.
Zudem dürfte es in der Judo-Szene immer noch Personen geben, die dem einstigen Idol Seisenbacher die Stange halten und sich der Unterstützung des 59-Jährigen verschrieben haben. Ein direkter Bezug zwischen Seisenbacher und dem Berufsdetektiv ließ sich seitens der APA nicht eruieren. Eine Verwandte des Detektivs wird jedoch von einem früheren Spitzen-Judoka trainiert, dem seinerzeit eine enge Beziehung zu Seisenbacher nachgesagt wurde.
Video aus dem Archiv: Seisenbachers Versteckspiel ist zu Ende
Hauptverhandlung noch 2019
Seisenbacher hatte sich vor rund drei Jahren in die Ukraine abgesetzt, um sich seinem für Mitte Dezember 2016 im Wiener Landesgericht angesetzten Prozess wegen Kindesmissbrauchs und Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses zu entziehen. Dem zweifachen Olympiasieger wird vorgeworfen, nach seiner aktiven Karriere in einem Wiener Judo-Verein zwischen 1997 und 2004 drei im Tatzeitraum jeweils unmündige Mädchen missbraucht bzw. dies versucht zu haben.
Als Seisenbacher befürchten musste, von Kiew an die Wiener Justiz ausgeliefert zu werden, nachdem die Ukraine im heurigen Frühjahr ein Zusatzprotokoll des Europäischen Auslieferungsübereinkommens unterzeichnet hatte, versuchte er, mit einem verfälschten Pass die polnisch-ukrainische Grenze zu überwinden. Dabei wurde er festgenommen. Mittlerweile wurde er nach Wien überstellt. In der Justizanstalt Wien-Josefstadt wartet Seisenbacher auf seine Hauptverhandlung, die noch heuer stattfinden dürfte.
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