„Woche der Hölle“

Bercow bremst Johnson aus: Keine Brexit-Abstimmung

Ausland
21.10.2019 19:16

Die Entscheidung des britischen Parlaments über den neuen Brexit-Deal von Premierminister Boris Johnson und der EU verzögert sich weiter. Parlamentspräsident John Bercow ließ eine Abstimmung im Unterhaus am Montag nicht zu und widersprach damit einem Wunsch der Regierung. Diese will nun am Donnerstag abschließend über die notwendigen Gesetze für einen Austritt aus der Europäischen Union abstimmen lassen. 

Bercow begründete seine Ablehnung damit, dass der Entwurf der Regierung in ihrem Inhalt der gleiche wie der vom vergangenen Samstag sei. Auch die Umstände hätten sich nicht geändert. „Über den Antrag wird heute nicht debattiert, da dies eine Wiederholung und ordnungswidrig wäre“, sagte er.

(Bild: APA/AFP/PRU/HO)

Das Unterhaus hätte eigentlich schon am Samstag in einer Sondersitzung über den Brexit-Deal abstimmen sollen. Die Abgeordneten votierten aber dann dafür, die Entscheidung über das Abkommen zu verschieben und fügten so Johnson eine empfindliche Niederlage zu. Ziel der Vertagung im Unterhaus war es, einen Chaos-Brexit auszuschließen.

Die Folge: Der Premierminister war damit per Gesetz verpflichtet, in Brüssel um eine Verlängerung der Brexit-Frist über den 31. Oktober hinaus zu bitten. Dies tat er - allerdings nur sehr widerwillig und ohne Unterschrift unter dem Antrag. Für die EU spielt das aber keine Rolle: Sie sieht den Antrag auch ohne Unterschrift als gültig an, wie eine EU-Kommissionssprecherin sagte.

Druck auf Johnson wird immer stärker
Johnson steht unter sehr großem Zeitdruck. Er hat versprochen, Großbritannien am 31. Oktober - also etwa in eineinhalb Wochen - aus der Europäischen Union zu führen. Wiederholt hatte er auch mit einem Ausstieg ohne Abkommen gedroht. Im Falle einer ungeregelten Scheidung drohen chaotische Verhältnisse. In Prognosen wird etwa mit Engpässen bei Lebensmitteln und Arzneien sowie mit Protesten gerechnet.

Boris Johnson bläst beim Brexit ein rauer Wind entgegen. (Bild: AFP)
Boris Johnson bläst beim Brexit ein rauer Wind entgegen.

„Alles steht auf Messers Schneide“
Angesichts des derzeitigen Durcheinanders sprechen Regierungskreise bereits von der „Woche der Hölle“ im Parlament. Der „Telegraph“ zitierte eine nicht näher genannte Regierungsquelle mit den Worten: „Alles steht auf Messers Schneide. Alles spielt sich in dieser Woche ab.“

Am Dienstag berät das Unterhaus über das Ratifizierungsgesetz zum Brexit-Deal, das das Abkommen in britisches Recht überführt. Im Verfahren mit drei Lesungen können Änderungsanträge eingebracht werden, die den Deal im Kern verändern würden, zum Beispiel eine dauerhafte Zollunion mit der EU. Denkbar ist auch eine Vorgabe, das Abkommen den Briten in einem zweiten Referendum vorzulegen. Ob und wie der Deal Chancen auf eine Mehrheit hat, ist offen. Die Regierung will jedenfalls am Donnerstag abschließend über den Austritt aus der EU abstimmen lassen. 

EU-Parlament: Vorerst keine Ratifizierung des Deals
Unterdessen hieß es aus dem Europaparlament, man wolle nicht über den ausgehandelten Brexit-Deal abstimmen, bevor eine Entscheidung aus London vorliegt. „Das EU-Parlament wird das Abkommen erst ratifizieren, wenn die Ratifizierung im Vereinigten Königreich abgeschlossen ist“, sagte ein Sprecher am Montag in Straßburg. „Es liegt nun am britischen Parlament, seine Wahl zu treffen.“

Das Europaparlament in Straßburg (Bild: APA/AFP/Frederick Florin)
Das Europaparlament in Straßburg

Das Brexit-Abkommen müsste vom EU-Parlament in einer Plenarsitzung angenommen werden. Plenarsitzungen sind vor dem 31. Oktober nur noch diese Woche in Straßburg angesetzt. Für eine spätere, rechtzeitige Abstimmung müsste eine außerordentliche parlamentarische Vollversammlung in Brüssel einberufen werden.

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