Am 25. November beginnt am Wiener Landesgericht der Prozess gegen den Ex-Judoka Peter Seisenbacher. Vorerst sind zwei Verhandlungstage vorgesehen, ein Urteil für den zweifachen Olympiasieger - er hatte 1984 in Los Angeles Gold erkämpft und 1988 in Seoul seinen Titel verteidigt - könnte am 2. Dezember ergehen.
Dem mittlerweile 59 Jahre alten einstigen Sport-Idol wird schwerer sexueller Missbrauch von Unmündigen und Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses vorgeworfen, wobei er die ihm angelasteten Taten als Trainer eines Wiener Judo-Vereins gesetzt haben soll. Seisenbacher hatte 1989 seine aktive Laufbahn beendet. Danach fungierte er zunächst als Generalsekretär der österreichischen Sporthilfe und etablierte sich schließlich als Trainer und Funktionär im Judo-Sport.
Nicht nur die Judo-Szene reagierte erschüttert, als einige junge Frauen Jahre nach den nunmehr inkriminierten Übergriffen zur Staatsanwaltschaft gingen und gegen ihren ehemaligen Trainer Anzeige erstatteten. Der Anklage zufolge war ein Mädchen neun Jahre alt, als Seisenbacher - damals 37 - die Betroffene 1997 erstmals bedrängte. Von 1999 an kam es nach Angaben der Betroffenen zu geschlechtlichen Handlungen, die als schwerer sexueller Missbrauch einer Unmündigen qualifiziert sind. Die Schülerin soll bis zur Vollendung des 14. Lebensjahrs wiederholt missbraucht worden sein.
Im Sommer 2004 soll sich der Ex-Judoka einem weiteren, damals 13 Jahre alten Mädchen zugewandt haben, das er ebenfalls als Trainer in der Kindergruppe in seinem Judo-Verein kennengelernt hatte. Auch mit diesem Mädchen kam es gemäß der Anklage zu sexuellen Handlungen.
Auf einem Judo-Sommerlager soll Seisenbacher im August 2001 versucht haben, einem dritten Mädchen näherzukommen. Die 16-Jährige wehrte ihn ihrer Darstellung zufolge aber ab. Für die Staatsanwaltschaft stellt sich dieser Vorgang als versuchter Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses dar.
Vor Verhandlungsbeginn geflohen
Seisenbacher hätte sich in dieser Causa schon im Dezember 2016 vor einem Schöffensenat zu verantworten gehabt. Er nutzte den Umstand, dass er nicht in U-Haft genommen worden war, um sich kurz vor Verhandlungsbeginn ins Ausland abzusetzen. Seine Flucht führte ihn von Georgien in die Ukraine, wo er im August 2017 von Zielfahndern des Bundeskriminalamts aufgespürt wurde.
Die Ukraine lehnte allerdings aus formalen Gründen die Auslieferung des Ex-Judokas an die Wiener Justiz ab, weil die ihm vorgeworfenen Taten nach ukrainischem Recht verjährt seien. Eng wurde es für Seisenbacher, als die Ukraine im heurigen Mai ein Zusatzprotokoll des Europäischen Auslieferungsübereinkommens unterzeichnete. Er musste befürchten, jetzt doch der heimischen Justiz übergeben zu werden.
An polnischer Grenze gefasst
Beim Versuch, über die polnische Grenze die Ukraine zu verlassen, wurde er Anfang September festgenommen und kurzerhand nach Wien überstellt. Seit 14. September befindet er sich in der Justizanstalt Wien-Josefstadt in U-Haft. Daran wird sich bis zur Hauptverhandlung, bei der es für Seisenbacher um bis zu zehn Jahre Haft geht, auch nichts ändern.
Video: Peter Seisenbacher an polnischer Grenze gefasst
Seisenbacher hat sich zu den Missbrauchsvorwürfen bisher nicht öffentlich geäußert. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.
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