Unterdrückung, Flucht

Die Kurden als Spielball der Mächte

Ausland
25.10.2019 06:00

Das Volk in vier Staaten steht im Zeitalter des türkischen, arabischen, iranischen Nationalismus auf verlorenem Posten. Verrat, Unterdrückung, Flucht: die blutige Spur der ewigen Verlierer der Geschichte.

Die Kurden sind das größte Volk ohne Staat. Die Geschichte hat ihnen durch die Jahrhunderte übel mitgespielt, besonders seit dem 20. Jahrhundert im Zeitalter des europäischen Imperialismus und des Nationalismus von Mehrheitsvölkern. Erdöl auf ihrem Gebiet weckt die Begehrlichkeiten und verschlimmerte immer wieder ihre Situation. Die Kurden sind der Spielball der Mächte und wurden und werden auch als Spielball gegen konkurrierende Mächte eingesetzt. Das war nicht immer so.

(Bild: "Krone"-Grafik)
  • 1137-1193: Sultan Saladin, geboren im heute irakischen Tikrit, Mausoleum in Damaskus, der große Gegenspieler der Kreuzfahrer, hatte ein Reich von Ägypten bis Syrien errichtet.
Der Kurde Salah ad-Din („Sultan Saladin“) errichtete ein Großreich von Ägypten bis Syrien bzw. Irak. Er war der große Gegenspieler der Kreuzfahrer im Heiligen Land. (Bild: Roger Viollet/picturedesk.com)
Der Kurde Salah ad-Din („Sultan Saladin“) errichtete ein Großreich von Ägypten bis Syrien bzw. Irak. Er war der große Gegenspieler der Kreuzfahrer im Heiligen Land.
  • Ab 1514: Die meisten Kurdengebiete fallen an das wachsende Osmanische Reich.
  • 10. August 1920: Die Siegermächte des Ersten Weltkriegs zerstückeln im Vertrag von Sevres das Osmanische Reich. Den Kurden wird eine autonome Region versprochen und ein künftiger Staat in Aussicht gestellt.
  • 24. Juli 1923: Der Vertrag von Lausanne ersetzt den Vertrag von Sevres. Der nationaltürkische Befreiungskrieg von Mustafa Kemal Pascha „Atatürk“ beendet den Traum von einem Kurdenstaat. Ihr Hauptsiedlungsgebiet fällt unter vier Staaten, davon fällt der größte Teil an die Türkei. Es folgt eine Reihe von Aufständen, die in der Türkei blutig niedergeschlagen werden.
  • 22. Jänner 1946: Kurden im Iran errichten unter sowjetkommunistischer Oberhoheit die „Republik Mahabad“ (gegen die britischen Interessen im Iran). Sie wird schon im Dezember nach dem sowjetischen Rückzug von iranischen Truppen zurückerobert. Am 30. März 1947 werden Regierungsmitglieder öffentlich gehenkt.
(Bild: AFP)
  • 16. August 1946: Mustafa Barzani gründet im Irak die Freiheitsbewegung.
  • Ab August 1961: Aufstand der Kurden im Irak.
  • 1962: Syrien entzieht bis zu 200.000 Kurden die Staatsbürgerschaft (später teilweise rückgängig gemacht) und beginnt eine Arabisierungspolitik im Grenzgebiet.
  • 3. März 1975: Im Abkommen von Algier zwischen dem iranischen Schah und dem irakischen Machthaber Saddam Hussein gewährt der Irak dem Iran die Souveränität über die Hälfte des Flusses Schatt al-Arab im Austausch für ein Ende der iranischen Unterstützung der irakischen Kurden. Dort spaltet sich die Kurdenbewegung entlang der beiden Sprachen-Dialekte zwischen dem Barzani-Klan und dem Talabani-Klan.
(Bild: EPA)
  • März 1979: Sohn Masoud Barzani übernimmt die Führung von Vater Mustafa.
  • August 1979: Das im Februar an die Macht gekommene Chomeini-Regime im Iran bombardiert einen kurdischen Aufstand nieder. Die Anführer werden öffentlich hingerichtet.
  • 22. September 1980 bis 1988: Im Ersten Golfkrieg gegen den Iran rüstet Iraks Saddam Hussein die iranischen Kurden mit Waffen (aus dem Westen) aus. Saddam Hussein setzt gegen sie Giftgas ein.
  • 1984: Der türkische Kurdenführer Abdullah Öcalan gründet die PKK. Sein Guerilla-Terror-Krieg und der türkische Feldzug gegen die PKK fordern bis 1999 an die 35.000 Todesopfer, verwüsten durch die Politik der verbrannten Erde das Siedlungsgebiet und belasten schwer die türkische Wirtschaft und Finanzen. Nach der Niederlage gewährt das syrische Regime Öcalan Zuflucht. Nach einer (kurzen) Versöhnung zwischen Damaskus und Ankara müssen Öcalan und die PKK Syrien verlassen. Öcalan wird von einem türkischen Kommando entführt und zu lebenslanger Haft verurteilt.
Kurdenkämpfer im Irak (Bild: AFP)
Kurdenkämpfer im Irak
  • März 1988: Saddam Hussein schlägt den Kurdenaufstand mit Giftgas nieder. Autonomie haben sie nur im Nordirak erlangt.
  • 17. September 1998: Das Washingtoner Friedensabkommen beendet den Bürgerkrieg unter den irakischen Kurden.
  • 20. März 2003: Die US-Invasion im Irak ebnet den Weg für ein autonomes Kurdistan im Nordirak.
  • Juli 2003 bis 2009: „Kurdische Initiative“ des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan im Rahmen der Beitrittsverhandlungen mit der EU, darunter die Erlaubnis der kurdischen Sprache(n).
  • 20. September 2003: Syrische Kurden gründen die PYD, eng mit PKK verbunden. Massenproteste werden von der syrischen Armee niedergeschlagen. Kurden des Nachbarn sind die guten Kurden.
  • 2011: Der Regionalpräsident des kurdischen Nordirak, Masud Barzani, und Erdogan eröffnen gemeinsam den Flughafen im nordirakischen Erbil.
  • 12. November 2013: Kurden erklären Selbstverwaltung in Nordsyrien.
  • Ab September 2014: Syrische Kurden führen Bodenkampf gegen den IS.
  • 24. Juli 2016: Erste Intervention türkischer Truppen in Nordsyrien für eine „Sicherheitszone“.
  • 25. September 2017: Unabhängigkeitsreferendum im Nordirak. Die USA pfeifen die Kurden zurück.
  • 23. März 2019: Syrische Kurden erklären Sieg über den IS.

Kurt Seinitz, Kronen Zeitung

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