Erschütternder Bericht

Türkei zwang Syrer zu Rückkehr in Kriegsgebiet

Ausland
25.10.2019 10:44

Amnesty International wirft der Türkei vor, Hunderte Flüchtlinge illegal in das Kriegsgebiet nach Syrien abgeschoben zu haben - und das bereits vor der türkischen Militäroffensive gegen die Kurdenmiliz YPG im Nordosten des Nachbarlandes. Betroffene berichteten in einem am Freitag veröffentlichten Bericht der Menschenrechtsorganisation auch von Folter und sagten, sie hätten Dokumente unterschreiben müssen, die eine angeblich freiwillige Rückkehr belegen sollten. 

Schon vor dem türkischen Einmarsch in Nordsyrien Anfang Oktober hätten die türkischen Behörden Flüchtlinge dazu gezwungen, nach Syrien zurückzukehren, heißt es in dem Bericht „Sent to a war zone: Turkey‘s illegal deportations of Syrian refugees“ (In ein Kriegsgebiet geschickt: Illegale Abschiebungen syrischer Flüchtlinge durch die Türkei).

Die Lage spitzt sich für kurdische Flüchtlinge trotz Waffenstillstands zu: Es wird von Gewalt und Zwang berichtet. (Bild: AFP)
Die Lage spitzt sich für kurdische Flüchtlinge trotz Waffenstillstands zu: Es wird von Gewalt und Zwang berichtet.

Flüchtlinge: Von Polizisten geschlagen und bedroht
Die befragten Flüchtlinge gaben laut Amnesty an, dass sie von türkischen Polizisten geschlagen und bedroht worden seien. Sie hätten überdies Dokumente unterschreiben müssen, die eine angeblich freiwillige Rückkehr belegen sollten. „Die Behauptung der Türkei, dass sich die syrischen Flüchtlinge selbst dazu entschieden hätten, direkt in den Konflikt zurückzukehren, ist gefährlich und unehrlich“, kritisierte die Amnesty-Expertin Anna Shea. Vielmehr seien die Menschen „ausgetrickst und gezwungen worden, zurückzugehen“.

Der türkische Einmarsch in Nordsyrien hat Tausende Menschen in die Flucht getrieben. (Bild: AFP)
Der türkische Einmarsch in Nordsyrien hat Tausende Menschen in die Flucht getrieben.

Türkei: 315.000 Menschen kehrten freiwillig zurück
Offizielle Statistiken zur Zahl der Abschiebungen liegen laut Amnesty nicht vor. Auf der Grundlage von Betroffenen-Aussagen geht die Organisation davon aus, dass „die Zahl der in den vergangenen Monaten Abgeschobenen in die Hunderte geht“. Die türkischen Behörden geben laut Amnesty an, 315.000 Menschen seien freiwillig nach Syrien zurückgekehrt. Bei den meisten der unrechtmäßig Abgeschobenen handelte es sich laut Amnesty um erwachsene Männer. (Lesen Sie auch: Die Kurden als Spielball der Mächte)

Kurden wieder auf der Flucht, hier in Nordsyrien. Flucht und Vertreibung begleitet dieses Volk seit Jahrhunderten in Konfrontation mit Türken und Arabern. (Bild: AFP)
Kurden wieder auf der Flucht, hier in Nordsyrien. Flucht und Vertreibung begleitet dieses Volk seit Jahrhunderten in Konfrontation mit Türken und Arabern.

„Abschiebungen sicher alles andere als freiwillig“
Scharfe Kritik übte Amnesty auch an der am Dienstag zwischen Russland und der Türkei getroffenen Vereinbarung zur Beendigung des türkischen Militäreinsatzes in Nordsyrien. Darin vorgesehen ist auch die „freiwillige Rückkehr“ von syrischen Flüchtlingen. „Die Abschiebungen waren bisher alles andere als sicher und freiwillig“, betonte Shea. Die Türkei will nach eigenen Angaben rund zwei Millionen Flüchtlinge in einer „Sicherheitszone“ in Nordsyrien neu ansiedeln.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan würdigte das Ergebnis seines Treffens mit Kremlchef Wladimir Putin als „historisch“. (Bild: AP)
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan würdigte das Ergebnis seines Treffens mit Kremlchef Wladimir Putin als „historisch“.

„EU muss Aufnahme syrischer Flüchtlinge drastisch erhöhen“
Die Amnesty-Expertin forderte die türkischen Behörden dazu auf, die Abschiebungen einzustellen und die bereits Abgeschobenen in die Türkei zurückzuholen. Die EU müsse zudem die Aufnahme syrischer Flüchtlinge „drastisch erhöhen, anstatt ihre Energie darauf zu verwenden, möglichst viele Menschen davon abzuhalten, in ihren Ländern Asyl zu suchen“.

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