Einsatz gegen IS-Chef
Wie wurde Baghdadis Tod so schnell bestätigt?
Der Anführer der Terrormiliz Islamischer Staat, Abu Bakr Al-Baghdadi, ist tot. Das hat US-Präsident Donald Trump am Sonntag verkündet - inklusive grausiger Details zum „feigen“ Ableben des IS-Chefs mittels selbst gezündeter Sprengstoffweste in einer Höhle im Nordwesten Syriens. Doch wie konnten US-Spezialkräfte bei ihrem rund zweistündigen Einsatz die Identität Baghdadis so schnell bestätigen? Die „New York Times“ beschreibt, welche Mittel dem US-Militär zur Verfügung stehen. Im Video oben sehen Sie unseren US-Korrespondenten Oliver Papacek, der über Trumps Absichten im Fall Baghdadi spricht.
„Er starb wie ein Hund, er starb wie ein Feigling. Die Welt ist jetzt viel sicherer“, kommentierte Trump den Tod des IS-Chefs. Laut Schilderung des US-Präsidenten sei Baghdadi vor den US-Soldaten in eine Höhle geflüchtet, wo er eine Sprengstoffweste gezündet und dabei „sich selbst und drei Kinder getötet“ habe. Der Gründer des IS-Kalifats sei „nicht als Held“, sondern als „Feigling“ gestorben. Die Informationen über den Aufenthaltsort Baghdadis stammten offenbar aus dem Irak.
Zweifel an Einsatz, Angst vor Racheaktionen
Während etwa der türkische Präsident Recep Tayip Erdogan angesichts des Todes von Baghdadi von einem „Wendepunkt im gemeinsamen Kampf gegen den Terrorismus“ sprach und andere Länder wie Frankreich oder die Philippinen ihre Angst vor Racheaktionen durch IS-Verbündete deutlich machten, äußerten die Russen zunächst Zweifel an der US-Operation. Es gebe keine überzeugenden Informationen, dass die USA in der von ihnen nicht kontrollierten Zone in Syrien solch eine Operation durchgezogen hätten, hieß es in einer Mitteilung des russischen Verteidigungsministeriums.
Am Montag dann die Bestätigung des US-Einsatzes durch Kremlsprecher Dmitri Peskow, allerdings ohne zugleich auch den Tod von Baghdadi zu bestätigen. Peskow dazu: „Wenn sich diese Information über die Liquidierung Baghdadis bestätigt, ... “
Im Video: Trump verkündet „feigen“ Tod von IS-Chef Baghdadi
Die Zweifel der Russen an der US-Operation an sich mal beiseite gelassen: Vonseiten der USA hatte es geheißen, die US-Spezialeinheiten hätten etwa zwei Stunden am Einsatzort verbracht, an dem Baghdadi schließlich sein blutiges Ende fand. Die Frage, die sich deshalb für viele stellt: Wie konnte die Identität des Terror-Paten so schnell bestätigt werden? Nach Trumps Aussagen haben Experten vor Ort mit DNA-Analysen die Identität Baghdadis bestätigt und zudem Leichenteile vom Einsatzort mitgenommen.
Neueste Geräte machen Identifizierung binnen 90 Minuten möglich
Dank technischer Fortschritte in den vergangenen Jahren könnten die neuesten Geräte für DNA-Schnelltests, die mehrere US-Behörden verwendeten, binnen 90 Minuten eine Identifizierung liefern, schrieb die „New York Times“ unter Berufung auf David H. Kaye, Professor an der Penn State Law School. Es handle sich hierbei um tragbare Apparate etwa in der Größe eines Mikrowellen-Geräts - klein genug also, um in einem Militärhubschrauber mitgenommen zu werden.
Sowohl das Pentagon als auch die US-Bundespolizei FBI haben nach Angaben der Zeitung in diese Technologie investiert. Ob die Kommandoeinheit bei dem Baghdadi-Einsatz solch ein Gerät tatsächlich nutzte, sei nicht bekannt. Für die Tests könnten Proben auch zu einem Militärstützpunkt gebracht worden sein. Herkömmliche DNA-Feldtests seien oft ungenau. Manche lieferten nur dann klare Ergebnisse, wenn die Testperson noch lebe.
Welche Vergleichsprobe von Baghdadi hat Militär verwendet?
Als DNA-Proben können zum Beispiel Blut oder Körperteile verwendet werden. Um die am Einsatzort gefundene DNA abzugleichen, bedarf es einer bereits vorhandenen Probe, von der sicher ist, dass sie von derselben Person stammt. Alternativ kann die Vergleichs-DNA auch von nahen Verwandten kommen, wie die „New York Times“ erklärt. Eine Schlüsselfrage laute also, welche Probe das US-Militär verwendet habe, um eine Übereinstimmung zu bestätigen.
Laut der Zeitung ist es möglich, dass den US-Experten früheres DNA-Material von Baghdadi vorlag: Mitte der 2000er-Jahre saß der spätere IS-Chef in einem US-Gefängnis im Irak. Wahrscheinlicher sei aber, dass damals lediglich Fingerabdrücke genommen und Gesichtsfotos gemacht worden seien.
Neue Phase im Kampf gegen islamistischen Terror
Nach dem Tod von Baghdadi beginnt laut Nahost-Experten Guido Steinberg jedenfalls eine neue Phase in der Bekämpfung des islamistischen Terrorismus. „Sie wird vor allem von dem Rückzug der USA aus Syrien geprägt werden und die Europäer zwingen, mehr für ihre eigene Sicherheit zu tun“, hieß es in einem am Montag veröffentlichten Beitrag des Wissenschaftlers von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Demnach diente die Militäroperation gegen Baghdadi auch mehr der inneren Sicherheit in Europa als in den USA.
Der Einsatz in Syrien gegen hochrangige Vertreter des IS geht jedenfalls auch nach Baghdadis Tod weiter. Kurdische Milize in Nordsyrien rechnen zudem, ebenso wie Sicherheitskreise in Ländern wie Frankreich oder den Philippinen, mit einem Vergeltungsangriff Baghdadis Anhänger ...
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